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Autoreninfo | Sylvia Koppermann |
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aktualisiert: 15.08.2021 | Mehrfache Mutter u. Autorin |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Die Geburt per Kaiserschnitt bedeutet für viele Menschen irrtümlich eine "sanfte" Geburtsmethode. Dass es sich hierbei um einen operativen Eingriff handelt, der unter Abwägung aller Risiken und Nutzen geplant und durchgeführt werden sollte, ist vielen werdenden Müttern oft nicht bewusst.Was passiert im Groben beim Kaiserschnitt und welche Risiken birgt er? Vor allem wann sollte er angewendet werden und wann nicht? Wir haben uns mit diesen Fragen einmal näher auseinander gesetzt
Kaiserschnitt - schnell und einfach?
Etwa jedes 3. Kind in Europa, wird heute per Kaiserschnitt geboren. Wirklich medizinisch notwendig, sind dabei nur etwa 10%. Fast alle darüber hinausgehenden Zahlen, setzen sich aus geplanten oder Wunschkaiserschnitten zusammen, für die es als Begründung nicht Lebensgefahr für Mutter und Kind gibt. Häufig ist beispielsweise Angst der Mutter vor der normalen
Entbindung, der Hauptgrund, sich für einen Kaiserschnitt zu entscheiden. Statt behutsam auf diese Ängste einzugehen und sie zu entkräften, wird oft schnell dem Wunsch der Schwangeren entsprochen. Manchmal raten Ärzte auch direkt zum Kaiserschnitt, um eventuelle Risiken auszuschließen, bevor diese auch nur zu einer Problematik werden könnten. Dabei spielen nicht selten mögliche Haftungsgründe eine Rolle, die Ärzte zum Teil jegliche Bereitschaft ablegen lassen, die Natur selbst regeln zu lassen, wie sie das Kind auf die Welt bringen möchte.
Kaiserschnitt früher
Über viele Jahrhunderte war der Kaiserschnitt die letzte Möglichkeit ein Kind zu retten. Erst ab dem Mittelalter begann man ihn auch mit der Hoffnung anzuwenden, der Mutter das Überleben zu ermöglichen, wenn eine normale Geburt nicht möglich war. Allerdings war die Sterblichkeitsrate der Frauen mit Kaiserschnitt bei fast 100% und nur sehr wenige Frauen überlebten den Eingriff. Durch verbesserte anatomische Kenntnisse und Hygienemaßnahmen, konnte ab dem Ende des 19. Jahrhunderts die Sterblichkeitsrate der Frauen nach Kaiserschnitt stark herabgesetzt werden.
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Kaiserschnitt heute
Heute wird diese Operation als Routineeingriff gesehen. Man sollte bei der heute bestehenden Sicherheit jedoch nicht vergessen, dass jede Operation Risiken birgt und man diese erst dann auf sich nehmen sollte, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, das Leben von Mutter und Kind zu gewährleisten.
Im ganz Groben gesagt, wird beim Kaiserschnitt eine Betäubung in Form einer Periduralanästhesie (PDA) oder Vollnarkose verabreicht. Durch einen Schnitt in etwa Höhe des Schamhaaransatzes, wird das Operationsteam nun schichtweise Haut, Bauchdecke und Muskulatur durchtrennen, um zur Gebärmutter zu gelangen.
Diese wird ebenfalls durch einen Schnitt eröffnet. Nun ist der Weg zum Kind frei und es kann herausgeholt werden. Für die Eltern ist dies der Moment, an dem sie häufig nicht mehr registrieren, was um sie herum geschieht. Sie sind auf ihr Kind fixiert und genießen das Glück, dass es dem Baby gut geht. Währenddessen beginnt für die Operateure die Arbeit am Leib der Mutter. Blutungen müssen gestillt werden, Gewebe und Muskeln wieder vernäht und Schicht für Schicht der Bauch wieder verschlossen werden.
Dank schonenderer Methoden, ist ein Kaiserschnitt heute nicht mehr mit einer Schnittentbindung vor wenigen Jahrzehnten vergleichbar. Trotz allem, auch wenn die Narben heute kleiner sind und die Frauen so wesentlich schneller wieder auf die eigenen Beine kommen, darf man nicht vergessen, dass es sich um ein recht großes Operationsfeld handelt, das bis tief in den Körper hineinreicht. Entsprechend muss nun eine großrahmige Wundheilung mit eingeschlossen werden, die unter Umständen sehr unangenehm bis schmerzhaft sein kann. Neben Wundheilungsschmerzen können auch Komplikationen in der Abheilungsphase entstehen. Durch den meist höheren Blutverlust während des Eingriffs, fühlen sich Frauen nach dem Kaiserschnitt oft müde und schlapp./p>
Mögliche Komplikationen beim Kaiserschnitt
Zu den Komplikationen, die unter der Narkose und Operation entstehen können, zählen:
- Verletzungsrisiken an Blutgefäßen, Harnblase, benachbarter Organe, Gewebe, Darm und auch Nerven.
- Wundheilungsstörungen
- Entzündungen und auch Vereiterungen, die nachfolgende Operationen nach sich ziehen, bis hin zur Entfernung der Gebärmutter
- Verwachsungen des Narbengewebes, bis in die Gebärmutter, Narbenverhärtungen oder sogar Rupturen.
- Auch besteht nach der Operation ein erhöhtes Thromboserisiko.
In jedem Fall wird die Abheilungsphase nach einem Kaiserschnitt als wesentlich schmerzhafter und unangenehmer empfunden, als beispielsweise Rissverletzungen nach einer spontanen Entbindung. Viele Frauen klagen ebenfalls darüber, dass sie durch die Operationsnarbe längere Zeit recht eingeschränkt in den Bewegungen sind, was sich bis in die Pflege des Babys ziehen kann, denn nur selten kann eine Kaiserschnittentbundene in den ersten Tagen relativ schmerzfrei ihr Baby aus dem Bett heben. Auch bei nachfolgenden Schwangerschaften kann der vorangegangene Kaiserschnitt problematisch werden. So kann es zu Problemen der Plazenta kommen. Lageanomalien aber auch Ablösungskomplikationen sind ein erhöhtes Risiko.
Gefahren für das Kind
Die Gefahren für das Kind liegen beim Kaiserschnitt nicht nur im Risiko von Schnittverletzungen. Die Häufigkeit von Atemdepressionen ist bei Kindern, die mit Kaiserschnitt entbunden wurden sehr viel öfter festzustellen. Ebenso stärkere Anpassungsschwierigkeiten, Stillprobleme und allgemein eine oft wesentlich kompliziertere Anfangsphase der Mutter-Kind-Bindung. Bei Kaiserschnittgeburten unter Vollnarkose ist zudem auch zu bedenken, dass das Kind unter einer stärkeren Neugeborenengelbsucht leiden wird, da es das Narkosemittel selbst über seine Leber wieder ausscheiden muss. Auch Langzeitfolgen wurde beobachtet. So ergaben Studien über Kindern, die vom KISS-Syndrom (umgangssprachlich: Schiefhals) betroffen sind, dass die Betroffenen mit weit höherer Prozentzahl Kaiserschnittgeburten waren.
Als Mutter versagt?
Neben diesen physischen Möglichkeiten, besteht jedoch noch ein Risiko für die Psyche der Mutter. In Umfragen von Müttern die mit Kaiserschnitt entbunden haben, stellte sich oft eine Aussage, dass die Frauen nach der Geburt ein unzureichendes Gefühl haben. Sie fühlen sich nicht recht als der Mensch, der dem Kind das Leben gab. Manchmal kommen regelrechte
postnatale Depressionen auf, versagt zu haben, dem Kind nicht den Weg ins Leben geebnet zu haben. In diesen Fällen ist es unbedingt wichtig, sich Hilfe zu holen und mit dem Arzt oder der Hebamme darüber zu sprechen. Eine Frau, die einen Kaiserschnitt
hatte, ist keine Versagerin! Sie muss nur auch verinnerlichen, dass diese Art der Geburt auch ihren Anteil forderte, bevor sich ein Trauma in ihr festsetzt, das mit lebenslangen Schuldgefühlen einher gehen kann.
Betrachtet man all diese möglichen Risiken, wird schnell klar, warum der Kaiserschnitt eigentlich rein als mögliche Lösung bei Lebensgefahr angesehen werden sollte und nicht als bequeme Alternative zur spontanen Entbindung. An keiner Stelle soll der Kaiserschnitt verdammt werden. Er ist und bleibt eine Lösung, um Leben zu retten, das unter normalen Geburtsbedingungen gefährdet wäre. Erst wenn die Risiken einer spontanen Entbindung höher für Mutter und Kind sind, als mögliche Risiken, die der Kaiserschnitt bergen könnte, sollte man ihn, als größere Sicherheit beider Alternativen, ins Auge fassen.
[SyKo]