Auch wenn viele Menschen das gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, ist die nonverbale
Kommunikation, also die Körpersprache und die Mimik sowie das eingeschlagene Verhalten,
immer noch eine recht effektive Art und Weise, um miteinander zu kommunizieren. Sei es bewusst
oder unbewusst, immer wenn wir auf andere Menschen treffen, beginnt die Kommunikation,
lange bevor auch nur das erste Wort gefallen ist. Aus dem Verhalten lässt sich
ablesen, ob jemand einer anderer Person gegenüber freundlich eingestellt ist, ob sie abgelehnt oder für interessant befunden wird. So ist es also durchaus möglich, dass wir mit
den Menschen, denen wir begegnen schon über eine geraume Weile kommuniziert haben,
obwohl keiner bisher auch nur einmal den Mund geöffnet hat. Die gleiche
Art und Weise ist es letztendlich auch, über die ein Kind mit seinen Eltern kommuniziert.
Was sind nun aber die Arten und Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation, die gerade
Kinder vor dem Kleinkindalter, aber teilweise auch darüber hinaus, nutzen können?
Erster Eindruck: das Aussehen
Auch wenn viele Leute der festen Überzeugung sind, dass sie sich nicht vom Aussehen einer
anderen Person leiten lassen, so ist es doch Tatsache, dass die Körpermasse und die Kleidung einer Person schon eine ganze Menge Botschaften an uns sendet, denen wir uns
nicht verschließen können.
Die Körperform eines Kindes zum Beispiel, gerade die eines Babys, löst bei den meisten
Menschen und auch bei vielen adulten Säugetieren ein zugewandtes Verhalten aus. Dieses
Phänomen lässt sich artübergreifend als Kindchenschema oder Babyschutz wiederfinden. Das
Schema lässt sich zusammenfassen als ein verhältnismäßig kleiner Körper zu einem relativ
großen Kopf, einer mächtigen Stirn aber einem kleinen Gesicht, große, volle, runde Wangen
und verhältnismäßig riesige Augen. Dieses Schema passt auch auf kleine Hunde, Katzen oder
sonstige Säugetiere. Da dieses Schema allen Säugetieren mehr oder weniger ähnlich ist,
kommt es zu einem artübergreifenden Verhalten. Selbst kleine Kinder scheinen dieses
biologisch gesteuerte Verhalten schon recht früh zu adaptieren und reagieren dementsprechend
positiv auf Tierbabys sowie auch auf echte Babys.
Die Tatsache, dass allein dieses Schema in
uns Gefühle der Zuwendung und Aufmerksamkeit auslöst und bei einigen anderen sogar einen
gewissen Beschützerinstinkt, ist natürlich auch der Werbung nicht entgangen und so ist es
nicht weiter verwunderlich, dass das Schema häufig genutzt wird, um für Produkte Vertrauen zu
schaffen.
Körperhaltung und Körperbewegungen
Auch die Körperhaltung wird für die nonverbale Kommunikation benötigt. So ist es allein anhand
der Art und Weise, wie wir stehen, sitzen oder gehen möglich herauszufinden, in welchem
emotionalen Zustand wir uns gerade befinden. Sind wir einer Person zum Beispiel besonders
zugetan, so nehmen wir unbewusst eine ähnliche Position ein wie die, die der
Gesprächspartner auch gerade innehat. Sind wir müde, so lassen wir die Schultern hängen und
wirken womöglich kleiner als wir wirklich sind. Wenn wir gut gelaunt und
voller Tatendrang sind, steht hingegen unser ganzer Körper unter Spannung und ist bereit, loszulegen.
Demgegenüber liegen gerade frisch geborene Säuglinge in der Regel nur auf dem Rücken oder Bauch und sind nicht einmal in der Lage, ihre Position eigenständig zu verändern. Diese
absolute Hilflosigkeit, die dieses Verhalten vermittelt, löst bei uns sofort einen
Beschützerinstinkt und sofort auch ein zugewandtes Verhalten aus und wir versuchen, diese
Hilflosigkeit des kleinen Wesens durch unsere eigene Unterstützung zu kompensieren.
Doch nicht nur die Haltung an sich, sondern auch die Art, wie wir uns bewegen, sagt viel über
unser Befinden und unsere derzeitige Einstellung aus. So bemerkt man in kleinen sich immer
wiederholenden Bewegungen, dass jemand zum Beispiel nervös ist oder vielleicht auch sehr
aufgebracht.
Auch über diese kleinen Gesten können wir miteinander kommunizieren. So stelle man sich
einfach einen Säugling vor, der auf dem Rücken liegt und die Hände nach uns ausstreckt. Kaum
ein Erwachsener kann dieser Aufforderung widerstehen und die meisten werden dieser
Aufforderung gerne nachkommen und das Kind aufnehmen. Wütende Reaktionen eines Kindes,
wie zum Beispiel eine Trotzreaktion, bei der sich das Kind auf den Boden wirft und mit Händen
und Füßen auf diesen eintrommelt, sorgen womöglich dafür, dass wir uns hilflos fühlen, aber
verstehen, dass irgendetwas für das Kind derzeit überhaupt nicht richtig läuft.
Was das Gesicht über uns aussagt - die Mimik
Unser Gesicht ist ein wahres Kunstwerk, wenn man einmal betrachtet, was wir mit ihm alles
ausdrücken können. Man kann ihm ansehen, ob jemand gut drauf traurig, erstaunt ist oder
vielleicht sogar Angst hat. Es gibt eine wahrlich große Palette an Gefühlen, die wir allein durch
unser Gesicht zum Ausdruck bringen können. Besonders wichtig sind hierbei die Stellung der
Augenbrauen und die des Mundes.
Anhand der Augenbrauen und der Augen kann man zum Beispiel erkennen, ob jemand
schlecht gelaunt ist, Angst hat, zornig oder über etwas überrascht ist. Auch der Mund spielt
hierbei eine entscheidende Rolle, denn die Art, wie wir unseren Mund benutzen, sagt viel über
unsere derzeitige Gemütsverfassung aus. Hochgezogene Mundwinkel bedeuten in der Regel,
dass man gut gelaunt ist oder sich freut, während herabhängende Mundwinkel im Normalfall ein
Anzeichen dafür sind, dass man gerade traurig oder schlecht gelaunt ist. Und selbst die Nase
kann Aussagen über etwas in unserem Gefühlsleben machen. So müssen wir zum Beispiel die
Nase rümpfen, wenn uns etwas nicht gefällt oder uns unangenehm ist. Durch die Variation
dieser einzelnen Gesichtspartien lassen sich eine Vielzahl verschiedener Emotionen darstellen,
die ein Kind mit zunehmenden Alter immer besser auseinanderzuhalten versteht. Die Mimik des
Kindes ist übrigens schon beim Säugling recht ausgeprägt und so kann man ziemlich genau
sehen, in welch einer Verfassung er sich befindet. Besonders interessant ist hierbei, dass es
recht übergangslos von einer offensichtlich recht guten Laune zu einem herzzerbrechenden
Weinen kommen kann, indem sich ganz demonstrativ vor allem die Mundwinkel und die
Augenbrauenstellung beim Kind verändern.
Blickverhalten - eine nonverbale Kommunikation
Blickkontakt und die Art, wie wir mit unseren Blicken kommunizieren ist nicht nur beim Flirten
interessant, sondern wird im Normalfall den ganzen Tag über bei jeglicher sozialen Interaktion
mit einem Menschen genutzt. Blicke können Bände sprechen heißt es und das kann man
tatsächlich wörtlich nehmen. Zwischen Erwachsenen ist die Art des Blickkontaktes ein
interessantes Faktum um herauszufinden, wie die Person einem gegenüber eingestellt ist.
Schaut die Person zum Beispiel die ganze Zeit stur auf die Erde, während sie mit einem redet,
so muss man davon ausgehen, dass sie kein Interesse an einem hat. Ein anderes
Beispiel sind zwei Verliebte, die sich unentwegt in die Augen schauen und dabei deutlich
machen, wie viel Interesse sie an dem jeweils anderen haben.
Säuglinge wollen ebenfalls angeschaut werden und halten den Blickkontakt meist sehr lange
aufrecht. Es ist die erste Möglichkeit der Kommunikation, die sie haben und sie nutzen diese.
Wird es einem Säugling zu viel, schließt er einfach die Augen oder schaut weg. Mit
zunehmendem Alter entwickelt sich auch beim Kind das größtenteils unterbewusste Spiel
zwischen hinschauen und wegsehen.
Die Stimme formt nicht nur Worte
Obwohl wir heutzutage der festen Überzeugung sind, dass das, was wir sagen wichtiger ist als
die Art, wie wir es sagen, ist dies doch eine Fehleinschätzung. Unterbewusst nehmen wir die Art,
wie etwas gesagt wird viel deutlicher wahr und sie prägt auch viel deutlicher das Verhältnis zur
Person mit Gefühlen, als das, was sie sagt. Hierbei kann die Stimme eine Vielzahl an
Eindrücken vermitteln. Sie ist in der Lage, warm und weich zu klingen, genauso wie sie in der
Lage ist, schneidend kalt, schmeichelnd oder auch verletzend zu sein.
Innerhalb des ersten Lebensjahres verstehen kleine Kinder den Sinn der gesprochenen
Worte nicht inhaltlich, sondern sind nur in der Lage, auf den Ausdruck in der Stimmung zu
achten und diesen zu deuten. Erst mit Beginn des zweiten Lebensjahres bekommen Kinder ein Verständnis dafür, was Alltagsworte wirklich bedeuten. Noch für eine lange Zeit wird
dem Kind allerdings der Inhalt der Worte weniger wichtig erscheinen, als die Art und Weise, wie
etwas vorgetragen wurde. Die Tatsache, dass man schon früh den Eindruck hat, dass das Kind
genau versteht, was man von ihm nun möchte, liegt meistens nur daran, dass das Kind in der
Lage ist, die Stimmlage und den Ton zu deuten. Dies merkt man vor allem immer dann, wenn
man gerade recht aufgebracht ist und versucht, dem Kind etwas Nettes zu sagen und das Kind
daraufhin aber nicht lacht, sondern sogar weinend oder traurig reagiert.
Distanzverhalten - wie nah ist zu nah?
Jeder Mensch hat seine ganz eigene Zone um sich herum, die er als seinen persönlichen Raum
klassifiziert. Dieser sogenannte persönliche Raum ist je nach Gegebenheiten der Umgebung,
aber auch der Personen, mit denen wir in Kontakt kommen sehr unterschiedlich. Prinzipiell gibt
es Leute, die weniger distanziert sind als andere, aber allen gemein ist, dass sie eine
gewisse Zone für sich beanspruchen in die nur besonders vertraute Menschen ohne vorherige
Einladung eindringen dürfen. Dieser Abstand, den wir zu anderen Menschen halten, richtet sich
teilweise extrem nach der Umgebung, in der wir uns befinden. Wenn wir zum Beispiel in einen
überfüllten Bus oder eine überfüllte Straßenbahn einsteigen, so ist diese Zone um uns herum,
in der wir keine andere Person dulden, deutlich kleiner als wenn wir ganz alleine auf einer
großen Wiese sind, ein Fremder hinzukommt und sich in einem direkten Kontakt mit uns
niederlässt, der womöglich schon dort beginnt, dass er unter 10m an uns herankommt.
Kleine Kinder, die erst wenige Wochen alt sind, haben diese Art von Distanzverhalten in dem
Sinne noch nicht und so wundert es auch nicht, dass wir Erwachsenen kaum Probleme damit
haben, auch fremde Säuglinge auf den Arm zu nehmen und diese zu herzen, wenn wir sie
irgendwo liegen sehen. Sobald das Kind allerdings 3-6 Monate alt wird, beginnt es, für sich
seinen persönlichen Freiraum einzufordern und reagiert mit einer Unterschreitung seiner
persönlichen Sicherheitszone meist sehr empfindlich. Nähert man sich als Fremder einem
Kleinkind langsam, so reagieren die meisten Kinder mit wachsendem Interesse auf die sich
nähernde Person. Irgendwann ist das kindliche Interesse dann aber auf seinem Maximum
angekommen und wenn diese Person dann nur noch einen kleinen Schritt weiter vorwärts auf
das Kind zumacht, verwandelt sich das Interesse des Kindes sofort in Ablehnung und teilweise
in Furcht. Auch das Distanzverhalten der eigenen Mutter oder des Vaters oder sonst einer
Bezugsperson kann hierbei direkten Einfluss auf das Distanzverhalten des Kindes nehmen.
Verhält sich zum Beispiel die Bezugsperson besonders aufgeschlossen gegenüber einem
Fremden, so wird das Kind diesen recht lange dulden. Passiert es jedoch, dass auch seine
Mutter oder die Bezugsperson, mit der es unterwegs ist, dem Fremden skeptisch oder vielleicht sogar ablehnend gegenübersteht, so wendet sich auch das Kind relativ frühzeitig ab und duldet keine weitere Annäherung.
Fazit
Beim Beziehungsverhalten kommt es somit auf viele verschiedene Faktoren an, die das Kind
mit der Zeit lernt. Wie geschickt ein Kind dabei ist, die sozialen Signale zu lesen und richtig zu
interpretieren ist von Kind zu Kind stark unterschiedlich. Jedes Kind wird grundsätzlich mit
der Fähigkeit geboren, nonverbale Kommunikation zu verstehen. Wie diese Signale jedoch in
zwischenmenschlichen Beziehungen eingesetzt werden, lernt das Kind von seinen Vorbildern,
welches in der Regel die Eltern, Bezugspersonen, aber natürlich auch Geschwister oder andere
Kinder sind. Hierbei ist es ratsam zu wissen, dass die nonverbale Kommunikation von
Kulturkreis zu Kulturkreis sehr unterschiedlich sein kann. Während es in westlichen Ländern
und vor allem in Mitteleuropa als sehr unfreundlich gilt, eine Person zur Begrüßung nicht in die
Augen zu sehen, ist es in fernöstlichen Kulturen genau umgekehrt. Das bedeutet aber auch,
dass die Fähigkeit nonverbale Kommunikation zu betreiben grundsätzlich angeboren ist. Die
Ausprägungen und Arten, wie sie zu interpretieren und gestalten sind, können sich jedoch
von Kulturkreis zu Kulturkreis stark unterscheiden.
[KaKra]