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Kostümfrage

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Anja Greiner Adam / Fotolia.com
Prinzessin Romy
Bild: Anja Greiner Adam / Fotolia.com

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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 27.01.2020Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung
Es ist soweit, das erste Fasching für unsere kleinen Kröten Elly und Ruby steht bevor. Im letzten Jahr war Ruby noch zu klein, doch dieses Jahr, so beschloss ich, sollte es zur einzigen offiziellen Kinderfaschingsfeier in unserem Ort gehen.

Austragungsort: Unsere Stadthalle, auf deren Bühne schon unzählige große Schauspieler standen und die in der Zeit zwischen den Theaterstücken eine Turnhalle ist. Bei uns weiß man eben noch, was Doppelnutzung ist!

Hunderte von Kindern stürmen an diesem einen Tag die Säle, vollziehen akrobatische, wilde Sprünge, die sie dann als neueste Tanzschritte deklarieren, bewerfen sich mit Schokoküssen und Würstchen, bespritzen sich mit Erfrischungsgetränken, während lethargisch wirkende Eltern dazwischen herum torkeln und eigentlich nicht mehr nach ihrem eigenen Kind suchen, sondern schon froh sind, überhaupt ein Kind zu fassen zu bekommen.

Ich erinnere mich gern, als ich damals im zarten Kindesalter dort jährlich mein neuestes Kostüm vortrug.

Bis zur Stadthalle schritt ich hoheitsvoll, achtete darauf, dass keine Schneeflocke den Stoff benetzte und benahm mich die erste Zeit auf der Feier vorbildlich. Das waren in etwa drei Minuten, dann war es vorbei mit Zurückhaltung und ich stürzte mich ins Getümmel. Wenn dann, gegen Ende der Veranstaltung, auch noch die drei besten Kostüme prämiert wurden - und ich schwöre, die Punktrichter müssen blind gewesen sein, denn ich war nie dabei - drehten etwa 200 nicht gewählte Kinder noch einmal völlig auf und verwandelten die Halle in ein Trümmerfeld aus Dekorationsfetzen und Resten der kulinarischen Versorgung.

Und genau das wollte ich mir dieses Jahr wieder antun, diesmal jedoch aus der Sicht leidgeprüfter Eltern.

Nur war ich mir darüber im ersten Moment noch gar nicht im Klaren und kam erst durch meinen Mann darauf. So erzählte ich ihm von meinem Plan und schwärmte, wie sich doch unsere Mädchen amüsieren würden, als er mit geweckter Neugier nach Details fragte. Erschüttert sah ich ihn an.

Wie? Du warst dort nie beim Fasching?


"Ach, weißt Du," antwortete er "das war noch nie recht mein Ding. Meist wählte meine Mutter irgendwelche Kostüme aus, in die sie mich stopfte und wenn ich die einmal in der Schule tragen musste, reichte mir das völlig."

Ich war entsetzt!

Als Enkelin einer Vollblut-Rheinländerin einen des Fasching müden Mann zu haben, das war ja fast so wie als Vogel einen Fisch zu heiraten. Aber mein Mann war schon immer sehr lernbegierig und flexibel. Bevor ich empört Näheres über seine Karnevalsfaulheit erfragen konnte, schwärmte er schon los, wie toll es doch werden würden, mit unseren Prinzessinnen! Damit standen dann auch schon die Kostüme fest. Natürlich würde unsere Enkelin Zita auch als Prinzessin gehen wollen und als sie an einem Wochenende bei uns schlief und wir uns über ein mögliches Kleid unterhielten, rief sie verzückt: "Ich möchte eine rosa Prinzessin sein!"

Alles klar, notiert.

Ellys prompter Kommentar: "Dann will ich eine lila Prinzessin sein!"

Ebenfalls notiert.

Alle Augen richteten sich auf Ruby, die uns anstarrte, als wüsste sie nicht, was wir nun von ihr erwarteten. Mit gezücktem Stift über meinem gedanklichen Notizblock fragte ich: "Und was für eine Prinzessin möchtest Du sein?" Ihre Antwort war kurz und knapp: "Ja, Zensessin!"Super, das verschaffte uns Spielraum und wir entschieden uns für hellblau. Schon bald waren auch die passenden Kleider gefunden, die nicht nur wesentlich schöner als sonst zu kaufende Prinzessinnenkleider waren, sondern auch noch um einiges günstiger. Blumenmädchenkleider, wie sie schöner nicht sein könnten, für die kleinen Prinzessinnen!

Und dann kam der Tag, an dem sie geliefert wurden.

Meine Kröten wichen mir nicht von der Seite. Jedes zweite Wort war Kleid und schließlich gaben wir nach. Die Kostümprobe müsse ja irgendwann stattfinden, um gegebenenfalls noch kleine Änderungen vornehmen zu können.

lig ließ sich diesmal sogar Ruby Raptor die wilde Lockenmähne bändigen, während Elly präzise Anweisungen gab, wie sie sich ihre Hochsteckfrisur vorstellte. Für eine Dreijährige war sie mir in dem Moment entschieden zu selbstbewusst! Dann kam der Moment, an dem unsere beiden Prinzessinnen in den Kleidern an uns vorbei stürmten und sich in Pose warfen, nach dem Fotoapparat schrien und mein Mann sich ein verstohlenes Tränchen aus dem Augenwinkel wischte. „Sind sie nicht einfach bezaubernd,“ näselte er und klang dabei fast wie ein feminin angehauchter Modezar, der ehrfürchtig vor seiner Kreation in die Knie ging. Nachdem wir dann Träger abgesteckt und Fotos gemacht hatten, begann die Schlacht ums Ausziehen der Kleider.

Da half kein Bitten und Betteln, die Kröten waren schneller als Kugelblitze. Erst nach langer Verfolgungsjagd hielten wir die Kleider in den Händen und wurden von den Prinzessinnen mit schmollender Nichtachtung gestraft. Keuchend ließen wir uns auf das Sofa fallen und Joe fragte unschuldig: "Meinst Du, wir müssen sie dann in der Stadthalle genauso jagen? Das wird ja was, wo doch da viel mehr Platz ist als hier."

Und da kamen sie zurück, die Bilder von den Eltern, die damals ihre Kinder begleiteten. Keuchend durch die Halle stürmend, über Kinder stolpernd, verzweifelnd ihre Hände nach dem Spross ausstreckend und Namen rufend, die das passende Kind nicht im Traum mehr interessierte. Wie sie irgendwann in eine Grinsestarre fielen und nur noch auf der Bank ein Mantra beteten. "Es wird alles ein Ende haben ... irgendwann fallen sie müde um!"

Wie oft hatte ich als Kind diese Eltern für zusätzliches Spaßprogramm gehalten und mich genüsslich an einer Brause saugend an eine Brüstung gelehnt, um die wilden Verfolgungsjagden dieser Eltern zu beobachten, die in einer Meute, die an die Gremlins im Kino erinnerte, versuchten, ihre Nachkommenschaft einzufangen, die sich verhielt, als habe sie die Tollwut.

Und nun würde uns dieses Schicksal ereilen, nun würde sich irgendein anderes Kind an eine Brüstung lehnen und sich den Bauch vor lachen halten, weil es uns für eine Sketchtruppe hält, die den chinesischen Staatszirkus imitiert und dabei immer wieder verzweifelt die Namen "Elly", "Ruby" und "Zita" brüllt.

Aber es gab kein Zurück.

Die Kleider waren da, unsere Mädchen eingeweiht, da mussten wir nun durch. Irgendwann fragte Joe, ob wir uns denn auch verkleiden würden. Ich lächelte ihn süffisant an: „Natürlich, Schatz. Und ich hoffe, Du lässt Dir etwas einfallen.“ Nachdem er mir zuerst ein Kostüm beschrieb, das ich als Säbelzahn-Schmetterling bezeichnen würde, so wenig hatte ich verstanden, machte mein Mann einen Abstecher zu einem Schotten.

Davon konnte ich ihn nur mit dem Argument abbringen, dass ich es begrüßen würde, wenn er den Kindern auf der Veranstaltung die anatomischen Unterschiede zwischen Mann und Frau demonstrieren würde, wo sich doch dazu viele Eltern genieren und die Kleinen ganz sicher wissbegierig unter seinen Rock schielen würden. Also entschied er sich letztendlich für den Piraten und fragte mich, als was ich denn gehen würde.

"Als Clown", antwortete ich.

"Clown? Das ist jetzt aber nicht besonders ausgefallen," milde belächelte er mich. Arrogant grinste ich zurück: "Ausgefallen vielleicht nicht, aber Du wirst mich am Ende der Veranstaltung für eine Weise halten. Denn mit meinem Kostüm und meiner Schminke wird mich niemand erkennen und somit auch niemand wissen, dass ich zu unseren Kindern gehöre. Ich gehe in Volltarnung, erspare mir das Jagen der Kinder und wette, im nächsten Jahr wirst Du auf Knien vor mir liegen und mich anbetteln, Dir mein Kostüm zu leihen!"

[SyKo]



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