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Hören ist wichtig für die Sprachentwicklung
Bild: Rainer Sturm /pixelio.de
Autoreninfo | Mag. Birgit Schulz |
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aktualisiert: 17.12.2010 | Online Redakteurin |
Gesundheit und Homöopathie |
Etwa eines von 500 Kindern kommt schwerhörig oder taub zur Welt. Ohne frühzeitigen Hörtest wird dies jedoch meist erst im Alter von 2 bis 4 Jahren erkannt, wenn erste Probleme mit der Sprachentwicklung auffallen.Die entstandenen Defizite sind dann oft nicht mehr auszugleichen und schwere lebenslange Sprachstörungen sind meist die Folge. Mit einem "Hörscreening" bei Neugeborenen, das bereits in den ersten Lebenstagen durchgeführt wird, kann dies erfolgreich verhindert werden. Die gute Nachricht: Was in Österreich schon seit mehr als 10 Jahren zur Standardvorsorge bei Neugeborenen gehört, zahlen seit dem 1. Januar 2009 auch in Deutschland bundesweit alle Krankenkassen.
Wann sollte das Hörscreening durchgeführt werden?
Das Hörscreening sollte idealerweise um den dritten bis fünften Lebenstag am Besten vor Entlassung aus der Geburtsklinik erfolgen. Die Untersuchung sollte aber jedenfalls bis zur U2-Früherkennungsuntersuchung (Zur U2-Untersuchung lies unseren Beitrag:
U2-Untersuchung) stattgefunden haben. Das Screening schafft die Voraussetzung für eine frühzeitige Diagnose und damit eine Einleitung von Therapiemaßnahmen innerhalb der ersten sechs Monate.
Das Hörscreening wird in der Regel in den Geburts- und Kinderkliniken durchgeführt.
Was genau passiert beim Hörscreening?
Die Methode ist einfach und schmerzfrei: Während das Baby schläft wird ihm eine Sonde ins Ohr gesteckt, die ein leises Geräusch aussendet. Ein gesundes Innenohr reagiert darauf mit einer leichten Vibration. Diese "Otoakustischen Emissionen" (
OAE) werden von einem Messgerät in der Sonde erfasst und können anschließend ausgewertet werden. Eine fehlende oder zu schwache Reaktion kann ein Zeichen für Taubheit oder Schwerhörigkeit sein. In diesem Fall muss im Anschluss an den Test eine so genannte Hirnstammaudiometrie durchgeführt werden. Mit Hilfe von Elektroden, die am Kopf des Babys befestigt werden, werden hierbei die elektronischen Impulse des Hörnervs im Gehirn gemessen. Ist die Schallleitung zum Gehirn gestört, wird dies am Bildschirm sichtbar.
Kritik am Hörscreening
Kritiker des OAE-Tests bemängeln allerdings, dass dieser oft zu falschem Alarm führe und die Eltern damit unnötig beunruhige. Nur bei einem von 10 Kindern, deren Hörtest eine Auffälligkeit gezeigt habe, liege tatsächlich eine Schwerhörigkeit vor. Befürworter halten dem entgegen, dass die Methode seit ihrer Einführung schon bei vielen Kindern mit Hörschäden die Ausprägung gravierender Sprachstörungen und damit stets verbundener Verhaltens- uns Sozialisationsprobleme verhindert habe. So könnten taube oder schwer hörgeschädigte Kinder rechtzeitig ein so genanntes Cochleaimplantat erhalten, das Schall in elektronische Impulse umwandelt und direkt zum Gehirn weiterleitet. Auch in Fällen leichterer Schwerhörigkeit könne man Kinder durch spezielles Hör- und Sprachtraining besser in ihrer Sprachentwicklung fördern.
Verdacht auf Hörschaden nach OAE-Test
Liegt nach dem OAE-Test der Verdacht eines Hörschadens vor, sollten Eltern daher auf jeden Fall die Nachuntersuchungen beim Kinder- oder Facharzt aufsuchen. Manche Geburtskliniken nehmen die nachfolgende Hirnstammaudiometrie auch direkt im Anschluss selbst vor.
Das Hörscreening bei Neugeborenen gehört in 46 Staaten, unter anderem in Österreich und inzwischen auch Deutschland, zur standardisierten Kindervorsorge. Seit 1999 laufen entsprechende Pilotprojekte in einigen Kliniken in der Schweiz. Übrigens: Konnte das Neugeborenenscreening in Deutschland anfangs nur direkt über die Klinik erstattet werden, kann es seit dem 1. Oktober 2010 auch direkt mit dem Kinder- oder HNO-Arzt abgerechnet werden. Dies ist vor allem bei Geburten außerhalb der Klinik von Bedeutung.
Lesetipp: Zum Thema Gehör und Hören von Babys lies am Besten auch unseren Beitrag zur auditiven Wahrnehmung von Babys:
Wie Babys hören[BS]