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Geburtsschmerzen und ihre Linderung

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Bei Wehen ist Konzentration angesagt
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AutoreninfoMag. Reka Schausberger
aktualisiert: 21.07.2021Mehrfache Mutter
Erziehung, Familie, Psychologie

Warum ist die Geburt so schmerzhaft?

Was genau macht eine Geburt so schmerzhaft und anstrengend?

Rein medizinisch erklärt, ist es die Erweiterung des Muttermundes, das Zusammenziehen der Gebärmutter und das Herauspressen des Kindes. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorstellen, dass damit sehr intensive Empfindungen verbunden sind.

Aber es ist zu schaffen, sonst wäre die Menschheit schon ausgestorben. Ob eine Frau die Geburt als den emotionalen Höhepunkt ihres Lebens empfindet oder aber als ihr größtes Trauma, ist nicht von den Wehen abhängig, sondern davon, in welcher Form sie durch die Geburt begleitet wird.

Schmerzlinderung bei der Geburt


Sollte eine Frau während der Geburt an ihre Schmerzgrenze geraten, gibt es mehrere Möglichkeiten, ihr die Geburt zu erleichtern.
  • Zuwendung und Aufmerksamkeit

    Eine Frau die Angst hat, die sich allein gelassen fühlt, braucht erfahrungsgemäß schneller und mehr Schmerzmittel als eine Frau, die menschlichen Beistand hat. Angst führt häufig dazu, dass Frauen im Schmerz die Luft nhalten. Die Frau verspannt sich, der Gebärmuttermuskel bekommt wenig Sauerstoff, was die Schmerzen noch vergrößert.
  • Wehenbeatmung

    Es ist nicht nötig, für die Geburt eine bestimmte Atemtechnik zu üben, denn atmen können wir alle. Eine "richtige" Atmung ist die, die frei fließt, die mich weder körperlich noch geistig anstrengt. Dennoch macht es Sinn, der Frau während der Geburt eine Atmung zu zeigen, die eine gute Sauerstoffsättigung der Muskulatur gewährleistet als auch die Konzentration auf etwas anderes als die Wehe selbst lenkt. Wehen geben meistens eine gesunde Atmung vor. Eine Wehe steigt an, hat einen Höhepunkt und fällt dann wieder ab. Intuitiv atmen Frauen dann tief in den Bauch, was zusätzlich das Kind mit Sauerstoff versorgt. Viele Frauen schließen in der Wehe die Augen, sie kriechen förmlich in den Schmerz hinein. Häufig ist es sinnvoll, die Aufmerksamkeit der Frau nach außen zu lenken. Als Konzentrations-, beziehungsweise Atemhilfe, kann eine Kerze dienen.

    Es kann hilfreich sein, sich in der Wehe auf dieses lebendige Licht zu konzentrieren. Wenn ich der Frau sage "atme tief in den Bauch ein, durch den Mund aus und versuche die Kerze auszupusten", dann ist beides - gute Sauerstoffsättigung und eine umgelenkte Aufmerksamkeit - gegeben. Wobei die Kerze natürlich so weit weg steht, dass es der Frau kaum gelingen kann, sie auszublasen.

    Es gibt auch Frauen, die sich mit geschlossenen Augen besser konzentrieren können. Wenn dies der Fall ist, so ist eine Kerze aus einem sehr weiblichen Grund dennoch schön und sinnvoll - es ist ein Geburtstag! Da darf auch eine Kerze brennen und dem Kind den Weg ins Licht zeigen.
  • Respekt und Wahrung der Intimsphäre

    Das Gebärzimmer der Frau sollte ihr Schutz bieten. Schutz vor den Blicken der Menschen von außen und Sicherheit vor fremden Zutritt. Es muss nicht dunkel sein, aber die Fenster sollten so verhangen sein, dass kein Blick von außen möglich ist. Türen sind geschlossen zu halten und jeder, der den Raum betritt, sollte anklopfen und auf ein "Herein" warten. In einer Klinik ist dieses nur machbar, wenn alle Geburtshelfer/innen verinnerlicht haben, wie viel Vertrauen und Hingabe einer Frau nötig sind, um sich ganz zu öffnen und loszulassen.

    Eine nicht stimmige, unruhige Atmosphäre, ständiges Kommen und Gehen von Menschen, erschweren dieses Loslassen, was eine Verspannung und Verkrampfung zur Folge hat und den Einsatz von "Schmerzmitteln" erhöht.

  • Warmes Wasser

    So gut wie jede Frau (zumindest die, die ich betreue) geht während der Geburt in die Badewanne oder unter die Dusche. Warmes Wasser hilft, sich zu entspannen. Der Wehenschmerz wird erleichtert und die Schwerelosigkeit entspannt zusätzlich. Auch hier sollte man beachten, die Frau ist die einzig "Nackte" im Zimmer. Auch wenn ich als Hebamme weiblich bin, der Partner die Frau auch nackt kennt, sollte jeder Frau angeboten werden, sie mit einem Handtuch in der Wanne zu bedecken oder ein T-Shirt anzulassen.
  • Homöopathie und Akupunktur

    sind weitere wirksame Möglichkeiten, den Schmerz zu lindern. Sie unterstützen den gesunden natürlichen Verlauf der Geburt seelisch und körperlich. Helfen der Frau sich einzulassen und zu entspannen. Sie ersetzen allerdings nicht das Gespräch mit der Frau.

    Heißt, bevor ich Homöopathie oder Akupunktur einsetze, sollte ich im Gespräch mit der Frau möglichst gut herausfinden, was genau ihr Probleme macht. Beides wirkt wie gesagt auch als seelische Unterstützung und es gibt nie nur ein Mittel, das bei jeder Frau mit gleichen Wehenproblemen eingesetzt wird. Vorteil dieser Schmerzmittelgabe ist, sie kann immer und überall eingesetzt werden und hat keinen betäubenden Einfluss auf Mutter und Kind.

  • Chemische Schmerzmittel

    Diese können in leichter Form, wie etwa krampflösende Zäpfchen, Schmerzen lindern. Stärkere Schmerzmittel haben beträchtliche Nebenwirkungen. Sie wirken auf die Besinnung der Frau. Viele Frauen sind dadurch "bedröhnt", sie fallen in eine Art Koma in der Wehenpause und merken erst kurz vor dem Höhepunkt, dass eine Wehe kommt. Es fehlt die Zeit, die Wehe anzunehmen und sich auf die Atmung zu konzentrieren. Häufig führen diese Medikamente zu Übelkeit und Erbrechen. Sie können nur gegeben werden, wenn die Frau liegt und machen eine genauere und dauerhafte CTG Kontrolle nötig. Diese schränkt die Frau aber im Bewegungsdrang ein, was wiederum den Schmerz, beziehungsweise die Wehen, noch unerträglicher machen kann. Sie gehen auf das Kind über und es kommt zu Veränderungen der Herztöne, die eine Beurteilung des kindlichen Zustandes erschweren.

    Solche Medikamente werden niemals in der Hausgeburtshilfe eingesetzt und gehören meiner Meinung nach generell bei der Geburtshilfe abgeschafft. Erschwerend kommt hinzu, dass manche dieser Mittel, wenn sie bei weit fortgeschrittener Geburt gegeben werden, eine Atemdepression beim geborenen Kind zur Folge haben können. Außerdem sind diese Mittel beim Kind noch Tage nach der Geburt nachweisbar. Die Neugeborenen-Gelbsucht verläuft oft stärker und länger, weil die unreife Leber des Kindes diese Medikamente abbauen muss. Die Kinder sind müde und trinkschwach, was wiederum die Ausscheidung verringert und  die Gelbsucht ansteigen lässt. Dann ist eine Lampentherapie nötig, die Mutter und Kind stundenweise trennt. Dies kann wiederum die Wahrscheinlichkeit des Baby Blues der Mutter zur Folge haben.

  • Periduralanästhesie

    Oder auch kurz, PDA genannt, ist eine weitere Möglichkeit zur Schmerzlinderung. Wenn eine Frau an die Grenze ihrer Belastbarkeit gelangt, so ist sie in meinen Augen sicherlich die beste Lösung. Wenn die PDA richtig sitzt, hat die Frau keine Schmerzen mehr, sondern verspürt nur noch ein leichtes Druckgefühl.

    Bei der PDA kann es zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

    • Da die Wehen eine tiefe Bauchatmung nicht mehr nötig machen, kann es zu Reaktionen beim Kind kommen. Denn dieses braucht die gute Versorgung mit Sauerstoff. 
    • Eine Wassergeburt ist nicht mehr möglich.
    • Laufen und Bewegung sind meistens nicht oder wenn nur eingeschränkt möglich.
    • Infektionen der Einstichstelle und/oder Blutungen.
    • li>Kreislaufprobleme der Mutter und somit auch beim Kind.
    • Einseitige Wirkung. Schmerzen in der anderen Körperhälfte sind genauso stark wie ohne PDA. Es hilft auch keine höhere Dosierung, sondern nur noch einmal eine PDA zu legen.
    • Versehentlicher Abgang von Hirnwasser. Dies kann dann zu tagelangen, heftigen Kopfschmerzen führen.
    • Beeinträchtigung der Atmung, wenn die PDA zu hoch gestochen wurde.
    • Wehenschwäche. Diese macht den Einsatz von Wehenmitteln nötig, was wiederum das Kind schlecht verträgt.
    • Verzögerung der Geburt. Durch die Betäubung erschlafft die Beckenbodenmuskulatur, die aber dem Kopf den Weg ins Becken zeigt. Dadurch kommt es häufiger zum Einsatz von Glocke oder Zange, da die Frau nicht gut mitpressen kann. Auch die Kaiserschnittwahrscheinlichkeit steigt.
    Natürlich geht die PDA meistens gut und die Frau hat deutliche Linderung. Mir ist aber wichtig, die Aufmerksamkeit der Frau beim Kind zu lassen. Das Kind hat keine PDA und muss die Wehenarbeit weiterhin gut schaffen. Gespräche über den letzten Urlaub der Frau oder einfaches Geplauder sind nicht angesagt. Sondern zumindest eine gedankliche wie atmungstechnische Zuwendung zum Kind ist während der Wehe nötig.

    Die PDA ist ein medizinischer Eingriff und kein Löffel Senf, sie kann ein Segen sein, sollte aber nie leichtfertig und zu früh gegeben werden.

Der Schmerz hat einen Sinn

Abschließend sei gesagt, Ängste, Sorgen und Zweifel an der eigenen Gebärfähigkeit gehören zu jeder schwangeren Frau.

Es ist ja auch schier unvorstellbar, dass es möglich sein soll, aus eigener Kraft ein fertige entwickeltes Baby aus dem Körper zu schieben. Und doch ist es bei allen medizinischen Möglichkeiten unsere ureigenste Bestimmung. Wir werden schwanger, gebären und stillen unsere Kinder.

Aber, wir müssen unsere Chance auch wollen! Wir müssen bereit sein, an unsere Grenze zu gehen. Wir bekommen unsere Kinder nicht geschenkt, es ist harte Arbeit. Den Stolz, die Erlösung, die Freude, das Nicht-fassen-können, dieses Gefühl die Welt soll still stehen, all das bekommen wir nicht geschenkt.

Ja, Geburt tut weh, aber mehr als dass es ein paar Stunden weh tut, passiert nicht. Das mag sich jetzt hart lesen, aber es geht vorbei. Der Schmerz hat seinen Sinn, sonst wäre er nicht da.

Die Wehenarbeit - ein Marathonlauf

Manchmal vergleiche ich die Wehenarbeit mit einem Marathonlauf. Der Läufer denkt sich auch irgendwann, warum tue ich mir das an? Warum bleibe ich nicht einfach stehen? Wenn er diesen Punkt überläuft, dann passiert es, dass der Schmerz einfach sein darf. Er konzentriert sich auf das Geräusch seiner Füße auf dem Asphalt und bekommt Kraftreserven und Rauschhormone. Während der Geburt ist es häufig auch so, der Körper schüttet körpereigene Glückshormone aus und Zeit und Raum verlieren an Bedeutung.

Lesetipp: Zum Thema Wehen lies unseren Beitrag: Wehen

Der Schmerz - eine Zäsur?

Vielleicht ist der Schmerz auch wichtig, um ganz loszulassen von unserer alten Rolle und nötig, um unser Herz und die Seele zu öffnen für das Leben mit unseren Kindern. Angst vor dem Unbekannten darf sein, aber Mut, Zuversicht, Kraft, Ausdauer, Stolz, Liebe und Freude im Herzen und der Glaube, dass ich das als Frau kann, sollten mindestens genauso groß sein. In jeder Frau wohnt eine Löwin und nicht nur ein ängstliches Reh! Lasst die Löwin mal raus!

Bei der Geburt ist alles erlaubt.

Im Artikel Wehen und die Geburtsarbeit erzählt unsere Hebamme noch mehr über Wehen und die Wehenarbeit. Die Wehe ist kein Feind. Sie hebt Euch hoch, nimmt Euch die Luft und kann einen - ähnlich wie große Wellen - richtig durchschütteln. Aber Ihr taucht wieder auf.

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2 Kommentare

1

Super Artikel!!!!

von crissi22 am 03. 06. 2017

2

so gut geschrieben!!!!!!!!!!!!!!

von dea_A am 25. 07. 2020



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