Als ich vor einigen Wochen nach Erfahrungen mit der MHH Hannover fragte, wie es ist, dort zu entbinden, bekam ich sehr vielfältige Meinungen, die nicht immer unbedingt allzu positiv waren. Natürlich kommt es immer auf den Einzelfall an und unter welchen Bedingungen man entbindet. Eine besonders sensible und ängstliche Frau, fühlt sich eventuell unter einer resoluten Hebamme, die gut gemeint einen Ansporn geben will schnell dominiert. Andersherum hält eine werdende Mama, die Anfeuerung sucht und eine liebe, sanfte und verständnisvolle Hebamme bekommt, ihre Geburtsbegleiterin vielleicht für schwach. Ebenso ist es mit dem Aufenthalt auf der Entbindungsstation. Eine Mama möchte möglicherweise das „Rundum-sorglos-Paket“, während der Zimmernachbarin schon zuviel ist, wenn die Schwestern ihr ein Schmerzmittel anbieten. Es ist eben nicht immer leicht, auch bei Geburt und Wochenbett immer das optimale Gespann zwischen Mutter und Krankenhausteam zu treffen.
Ich habe nun meine eigenen Erfahrungen gemacht und muss ehrlich gestehen, dass ich froh darüber bin.
Meine vorherigen Geburten waren so unterschiedlich, wie sie nur sein konnten. Hatte ich vor fast 22 Jahren einen Kaiserschnitt bei einem Arzt, den man zu seinen Studienzeiten sicher noch Schamane oder Medizinmann nannte, der sich mit einem Mammutfell und den Fangzähnen eines Säbelzahntigers geschmückt daran machte, rituelle und nicht immer nachvollziehbare Eingriffe vorzunehmen, wurde ich beim zweiten Kind, im selben Krankenhaus, nur unter anderer Leitung der Geburtshilfe, mit damals schon fast futuristischen Ansichten und Praktiken beglückt, die heute bereits antiquiert sind, mich aber trotzdem regelrecht überforderten.
Bei meinem dritten Kind wurde ich selbstbewusster, forderte eine ambulante Geburt, von der ich in Zeitschriften gelesen hatte, obwohl ich noch niemanden kannte, der dies bereits durchgeführt hatte. Wie ein Paradiesvogel behandelte man mich im Bekanntenkreis und schalt mich sogar als leichtsinnig, da man doch als Frau unbedingt in medizinische Vollversorgung gehöre, wenn man sich auf das lebensgefährliche Abenteuer des Kinderkriegens einlässt. Bei Kindern vier und fünf hätte ich gern eine Hausgeburt gehabt, nur fehlte dazu die passende Hebamme. In unserer Region wachsen sie leider nicht an Bäumen. Zumindest nicht die Hebammen, die Hausgeburten begleiten. Also ging ich in eine Klinik der Umgebung und war zumindest davon beeindruckt, wie sehr man dort allein auf die Bedürfnisse der Mütter einging.
In der Schwangerschaft nun mit meinem sechsten Kind, hatte ich eine Hebamme, die mir die Hausgeburt ermöglichen wollte. Alles wurde geplant, die Vorfreude auf die Entbindung war riesig ... Bis sich herausstellte, dass mein Baby sehr krank auf die Welt kommen würde. Fast 4 Monate vor dem errechneten Geburtstermin wurden Diagnosen gestellt, die eine Hausgeburt aus schlossen, ja selbst die Entbindung in einer „gewöhnlichen“ Klinik sollte nicht möglich sein, denn mein kleiner Sohn würde mit einer Verengung des Darms auf die Welt kommen, die es verhindert selbstständig Nahrung aufzunehmen und einem Herzfehler, der sofort kardiologisch überwacht werden müsste. Ein Schlag mitten ins Herz hinein! Angst, Verzweiflung, Hoffnungen, ... aufgewühlt sucht man schließlich nach der „perfekten“ Klinik.
Ich selbst bin der Typ Mutter, der die möglichst natürliche Geburt bevorzugt. Medizinische Vollbetreuung ist mir ein Gräuel. Und nun sollte ich genau das suchen, was ich doch sonst ablehnen würde, da das Leben meines Kindes in Gefahr war.
Mein Mann und ich entschieden uns schließlich rein auf bekannten Fakten. Wo befand sich neben der Geburtshilfe auch eine Kinderkardiologie, als auch Kinderchirurgie und war doch einigermaßen erreichbar für uns?
Die Entscheidung fiel für das ca. 100km entfernte Hannover, unserer Landeshauptstadt und die dortige medizinische Hochschule.
Um ehrlich zu sein, hatte ich bereits Wochen zuvor ein mulmiges Gefühl, gerade dort entbinden zu müssen. Eine riesige Anlage aus unzähligen Kliniken, medizinische Versorgung nach modernsten Kriterien und insgesamt eine Klinik, die wie eine eigene Stadt wirkt. Dazu dann noch Meinungen, die nicht nur positiv waren ... Ich hatte das Gefühl, dass ich mich wie traumatisiert auf das Bevorstehende vorbereite, ohne mich wirklich vorzubereiten.
Und dann kam der Tag. Fast vier Wochen vor dem eigentlichen Entbindungstermin stellte sich zu all dem, was mein Sohn hat noch heraus, dass meine Plazenta ihn nicht mehr wirklich versorgt und ich wurde in der MHH stationär aufgenommen, um am nächsten Tag die Geburt einzuleiten.
Yorik-Finnley wurde am 21.10.2011 per Kaiserschnitt geboren. Ich wollte diesen Kaiserschnitt. ICH, deren größte Angst, nach den Erfahrungen der ersten Geburt war, wieder einen Kaiserschnitt zu bekommen. Diesmal bestand ich darauf, weil ich am Ende war. Und ich wusste, dass ich hier, in der MHH genau an dem Ort bin, an dem ich mich entspannt zurücklehnen kann.
Man drängte mich zu nichts, unterstützte meine Entscheidung und niemand gab mir das Gefühl, mich zu bewerten, wie ich es in anderen Kliniken schon erlebt hatte.
Ob nun im Operationssaal, auf der Entbindungsstation oder der Interdisziplinären Kinderintensivpflegestation, überall wurde meine Familie und ich mit großem Respekt und Höflichkeit behandelt.
Drei Tage nach dem Kaiserschnitt bat ich um Entlassung, aber dies ganz sicher nicht, weil ich mich nicht gut betreut gefühlt hätte. Ganz im Gegenteil, für mich war die Betreuung der Entbindungsstation genau die richtige Mischung aus Pflege und Hilfe. Niemand drängte sich auf, doch immer wieder bekam ich Angebote, was ich bekommen, tun oder lassen darf/kann. Kein rüder Ton, kein Ignorieren, wie man mich zuvor warnte. Nein, ich kann nichts von dem bestätigen und muss gestehen, dass ich fast hätte denken können, ich wäre in einem Hotel, statt der Klinik.
An dieser Stelle ein liebes Dankeschön an die Schwestern der Station 82! Ihr seid wirklich klasse!
Auch an die Interdisziplinären Kinderintensivpflegestation, Station 67 möchte ich ein dickes Dankeschön richten!
Es ist für eine Mutter alles andere als leicht, das Kind in den Händen „Fremder“ zurücklassen zu müssen. Ich habe die letzten Monate der Schwangerschaft so viel Angst gehabt, aber auch Schuldgefühle, denn mein Körper hat doch zugelassen, dass mein kleiner Yorik diese Defekte bekommt. Als dann eben dieser, mein Körper, auch noch die Versorgung für meinen Zwerg einstellte, entwickelte ich einen regelrechten Hass auf mich. Durch das enge Einbinden der Eltern auf Eurer Station, die Fröhlichkeit, die Ihr trotz oder vielleicht wegen all der angstvollen und traurigen Stimmung verbreitet und die Zuversicht, die Ihr an Kinder und Eltern weitergebt, habe ich viele der schweren Gefühle aus den vergangenen Wochen fallen lassen können. Ich weiß, dass Yorik bei Euch in bemühten und besten Händen ist. Mein Vertrauen, das ich nicht leichtfertig verschenke, ist groß, in Euch!
Als wir unseren Sohn gestern nach seiner ersten OP auf Station besuchten, war da nicht das beklemmende Gefühl, vor dem wir solche Angst hatten, sondern dank Eurer starken Ausstrahlung, dem Lächeln und Zwinkern, eine Sicherheit für uns Eltern, dass unser kleiner Prinz diese weitere Hürde geschafft hat. Wir sind stolz auf unseren Sohn und danken der MHH Hannover, dass wir dank ihr diesen Stolz erleben dürfen!