Günther Havlena/Pixelio
Welche Klinik passt zu mir?
Bild: Günther Havlena/Pixelio
Alle werdenden Eltern stellen sich irgendwann die Frage: "Wo soll unser Kind geboren werden?Fast alle Kliniken bieten Infoabende an, bei denen man sich informieren und auch den Kreißsaal der jeweiligen Klinik besichtigen kann. Vielen Schwangeren ist dabei eine wohnliche Atmosphäre der gesamten Umgebung wichtig. Zu bedenken gilt jedoch, dass die Farbe der Gardinen noch nichts über eine gute Geburtshilfe aussagt. Wie kann Frau aber nun herausbekommen, ob hinter all der "familien- und frauenfreundlichen Atmosphäre" auch wirklich eine solche gelebt wird?
Dazu sollte man sich zunächst einmal fragen, wie oder was ist überhaupt eine "frauenfreundliche Geburtshilfe"?
Freundliche Geburtshilfe - was ist das?
Für mich definiert sich dieser Begriff so:
abwartende individuelle Geburtshilfe, die sich auf die Bedürfnisse der Frau einlässt und die mit einem Minimum an festgelegten Standards auskommt.Wahrung der Intimsphäre.die werdende Familie wird in Entscheidungen mit einbezogen und aufgeklärt.Eine 1:1 Betreuung kann gewährleistet werden (eine Hebamme betreut nur eine Gebärende und nicht 3 gleichzeitig).Alternative Geburtspositionen werden angeboten (Wassergeburt, Hocker).die Möglichkeit einer spontanen Geburt in der Steißlage wird zumindest angedacht.die Hebammen strahlen Lebenslust und Freude aus, im idealen Fall kann man Leidenschaft und Idealismus erkennen.Kreißsaalführungen haben auch einen monetären Hintergedanken
Betrachten wir diese Kreißsaalführungen mal aus dem Blickwinkel des Geldverdienens: Jede Gebärende bringt Geld und ist Kundin, die Klinik ist der Dienstleister und die Konkurrenz ist groß. Wassergeburt, Hockergeburt, Homöopathie und Akupunktur bieten fast jede Klinik an. Um aber herauszufinden, ob mir nur scheinbar etwas verkauft werden soll, oder ob dies auch wirklich in der Realität gelebt wird, muss die Schwangere Fragen stellen.
Die Sachen genau ansehen, und kritisch nachfragen
Wenn gesagt wird, "Ja wir haben einen Geburtshocker", dieser aber dann nicht präsent im Kreißsaal steht, sondern verstaubt aus einer Ecke heraus geholt wird, dürfte klar sein, wie oft er zum Einsatz kommt. Wenn auf die Frage nach der PDA Quote eine Zahl genannt wird, die höher ist als 30%, zeigt das, dass Frauen gerne ruhig gehalten werden und auf Zuwendung und Motivation gegenüber der Frau weniger Wert gelegt wird. Stattdessen wird eher nach dem Prinzip verfahren, sich eine anstrengende Frau zur handzahmen Patientin zu machen. Oder aber die Geburt wird als generell leidvoller Zustand angesehen, von dem die Frau dringend erlöst werden muss.
Wie lauten die Zahlen?
Wenn nach der Dammschnittquote die Antwort kommt "Das ist immer situationsabhängig" und keine Zahlen genannt werden, spricht das meines Erachtens für einen häufig unreflektierten Einsatz der Schere. Eine Klinik, die Wert darauf legt, die Frau möglichst unverletzt durch eine Geburt zu bringen, ist stolz auf niedrige Dammschnittzahlen und kann sie auch nennen. Ebenso verhält es sich mit den Kaiserschnittzahlen, der Bundesdurchschnitt liegt bei 30%-32%. Eine Klinik, die sich bemüht einen solchen zu vermeiden und ihn als das zu sehen was er ist, eben als einen Notausgang, wird unter diesem Durchschnitt liegen und darauf hinweisen. Die niedrigen Kaiserschnittzahlen weisen auch auf eine abwartende und wenig invasive Geburtshilfe hin. Nur wer vorschnell handelt, praktiziert viele Kaiserschnitte.
Lesetipp: Zum Thema Kreißsaal, lies auch folgende unserer Beiträge:
Ich finde Ihren Beitrag sehr schön und Sie sprechen mir aus der Seele. Genau das wünscht man sich, Personal das nicht nur seinen Job macht, sondern mit Herz, grad wenns um eine Geburt geht. Man wünscht sich Zuwendung und herzliche Betreuung.
von sabsi-81 am 24. 02. 2012
Super wichtiges Thema, das von vielen (auch von uns damals) unterschätzt wird. Die Wahl der richtigen Geburtsklinik ist kann anstrengend sein: Infoabende abklappern mit dickem Babybauch - es gibt schöneres. Ich habe vor kurzem diese neue Webseite (parently.de) entdeckt, auf der man neben Kitas und Grundschulen auch Geburtskliniken bewerten kann. Beim nächsten Kind werde ich dort sicherlich mal vorbei schauen und mir eventuell den ein oder anderen Infoabend sparen :)
von KonstanzeBerlin am 16. 06. 2018