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Vertrauen bei der Geburt ist besonders wichtig!
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Autoreninfo | Sylvia Koppermann |
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aktualisiert: 09.08.2021 | Mehrfache Mutter u. Autorin |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Kaum eine werdende Mutter geht völlig entspannt und angstfrei der Geburt entgegen. Mögliche Komplikationen, Angst vor Schmerzen und all die Bilder aus den Horrorszenarien, die im Bekanntenkreis verbreitet wurden, lähmen die Schwangere und lassen die Freude auf das bevorstehende Ereignis nicht selten zur Panik werden.Angst vor der Geburt zu haben ist völlig natürlich
Kaum eine Frau kann behaupten, vor der Entbindung nicht zumindest ein mulmiges Gefühl gehabt zu haben. Diese Ängste belasten uns werdende Mütter, sie blockieren die Freude und lassen uns sogar irrationale Wege suchen, wie wir all dem entgehen können, was uns solche Gänsehaut bereitet. Bevor wir uns den Ängsten entgegenstellen, sollten wir uns Gedanken darüber machen, woher sie überhaupt rühren. Ist es wirklich rein die Befürchtung vor einem "infernalischen Schmerz", wie er uns im Bekanntenkreis eingeredet wurde? Welche anderen Gründe könnte es noch geben, die uns verängstigt dem Ereignis entgegen sehen lassen, das wir doch eigentlich so heiß herbeisehnen?
Viele kennen den Grund nicht
Viele Frauen können nicht einmal ganz spezielle Punkte nennen, befragt man sie, was sie so sehr beim Gedanken an die Geburt ängstigt. Sie nennen die Ängste vor Schmerz, Kontrollverlust, Komplikationen und auch davor, der Geburt selbst gar nicht gewachsen zu sein. Unsere Gesellschaft hat ihren Teil dazu beigetragen, dass schwangere Frauen all diese Emotionen extremer empfinden, als noch vor einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Sicher, die medizinische Versorgung hat sich dahingehend verbessert, dass eine Geburt zum Erlebnis werden kann, anstatt wie früher, zu Lebensgefahr für die Mutter. Allerdings ist die Geburt des Kindes insgesamt auch stetig mehr zu einem komplexen medizinischen Ablauf geworden, der nicht mehr so sehr viel von Natürlichkeit hat. Automatisch werden wir also von der Gebärenden, Leben Schenkenden, in die Haltung der Patientin geschoben, die man entbindet.
In vielen Naturvölkern sondern sich die Frauen zur Geburt ab. Sie vertrauen sich, ihrem Körper und der Fähigkeit Leben zu schenken. Kaum eine dieser Frauen kennt die Ängste, die Schwangere in unserer Zivilisation beherrschen. Für sie ist Geburt ein beständiges und wiederkehrendes Ereignis, das zum natürlichen Kreislauf des Lebens dazu gehört. Sie wissen, dass sie als Frauen dazu geschaffen wurden, Leben zu schenken und ihr Urvertrauen würde nie auch nur die geringsten Zweifel daran aufkommen lassen. Warum also herrscht dann in uns solche Panik?
Ein Kind auf die Welt zu bringen ist ein großartiges und gigantisches Erlebnis, bei dem sowohl Mutter und Kind körperlich fast Unvorstellbares leisten. Aber so sehr wir uns auch fragen, ob wir diesen Leistungen auch gewachsen sind, sollten wir uns immer vor Augen halten, dass uns die Natur dazu befähigt hat. Sie hat uns anatomisch die Voraussetzungen gegeben und in einem tausende Jahre immer wiederkehrenden Zyklus gezeigt, dass wir Kinder gebären können. Die heutige Geburtshilfe soll Sicherheit geben, auch bei Komplikationen das Leben von Mutter und Kind schützen zu können. So sollten also die Umgebung und Geburtshelfer vor allem Vertrauen bringen, nicht aber distanziert wirken oder gar Angst einflößen. Das Recht der Selbstbestimmung darf in keinem Kreißsaal, Geburtshaus und auch in der Hausgeburt nicht fehlen. Jede Frau hat das Recht zu sagen, was ihr unangenehm ist und darum zu bitten, andere Wege zu finden, Positionen zu wechseln und laut sein zu dürfen, wenn es ihr hilft sich ganz für die Geburt zu öffnen.
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Der Ort für die Entbindung
Es ist vor allem besonders wichtig, einen Ort für die Entbindung zu finden, der nicht abweisend und distanziert auf die Mutter wirkt. Ein liebevoll eingerichteter Kreißsaal allein schafft nicht das nötige Ambiente. Es muss auch die Chemie zwischen der Schwangeren und den Geburtshelfern stimmen. Daher kann es schon hilfreich sein, sich mehrere Kliniken anzusehen, Geburtshäuser in die Besichtigungen mit einzubeziehen und vor allem bereits während der Schwangerschaft eine Hebamme zu finden, die die Monate bis zur Geburt begleitet. Hat die werdende Mutter das Gefühl "Hier bin ich richtig. Hier kann ich mich fallen lassen und vertrauensvoll den Händen der Geburtshelfer übergeben, die wissen, was ich mir wünsche.", ist bereits weit mehr als die Hälfte der Angst überwunden. Wer so vertrauen kann, begibt sich nicht in eine Opferhaltung und erlebt viel bewusster, wie wichtig der eigene Anteil an dem kommenden Geschehen ist.Sich durch Horrorgeschichten nicht zu verängstigen
Wichtig ist auch, sich nicht zu sehr in den Bann der Horrorgeschichten ziehen zu lassen, die andere Mütter zum Besten geben. Man sollte sich immer selbst sagen, dass all die Frauen sicher keine weiteren Kinder mehr bekommen würden oder auch nur je ein Kind bekommen hätten, wenn Geburt genau der Kampf ums blanke Überleben wäre, wie sie ihn schildern. Könnt Ihr solchen Dramaturgen nicht ausweichen, macht gedanklich ein Spiel, während Ihr vortäuscht fasziniert zu lauschen. Stellt Euch vor, Euch
gegenüber sitzt nicht eine Frau, die von der Geburt ihres Kindes spricht, sondern ein Angler, der den dramatischen Fang eines Fisches beschreibt. Mit jeder Erzählung wird der Fisch größer, das Wasser aus dem er gezogen wurde tiefer, die Angel dünner und das Boot, in dem der Angler saß, kleiner. Natürlich darf jede Schwangere sich aber auch vehement erbitten, mit diesen Geschichten von Entbindungen und all den dramatischen Szenen verschont zu werden. Das Recht hat jede von uns!
Nachfragen!
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Nachfragen der werdenden Mutter. Schnell wird eine Aussage des Arztes bei der Vorsorgeuntersuchung mit wachsender Angst aufgenommen. "Das Kind ist etwas klein/groß für diese Schwangerschaftswoche .." reicht da häufig schon aus, um spätestens daheim in panisches Grübeln zu versinken. Es gehört etwas Mut dazu, den Arzt anzurufen und noch einmal nachzufragen, was er denn gemeint habe. Aber keine Scheu, er wird Verständnis haben und sicher genauer erklären, was er meinte. Meist handelt es sich um kleine Normabweichungen, die nicht einmal dramatisch sind und eher unbedacht so gesagt wurden, dass die Schwangere daraus mehr ableiten könnte. Aber auch da darf sich jede werdende Mutter vom Arzt erbitten, zukünftig etwas vorsichtiger mit solch unbedachten Äußerungen zu sein.
In so vielen Dingen des Lebens, ist Vertrauen das Wichtigste. Viele Stationen des Lebens konntet Ihr nur durch Vertrauen erreichen. Ihr habt Eltern, Lehrern, Freunden und Partnern vertraut. Nun vertraut vor allem auch einmal auf Euch. Vertraut Eurer Fähigkeit Leben zu schenken, darauf, dass Ihr dafür geschaffen seid und dass Ihr die Kraft dafür besitzt. Als 'Belohnung' wartet am Ende dieser unbeschreiblich schöne Moment, in dem Ihr Euer Kind zum ersten Mal im Arm haltet. EUER Kind, das in Euch wuchs, das Ihr all die Monate in Euch behütet und ihm nun auf den Weg ins eigene Leben geholfen habt.
[SyKo]