Autoreninfo | Sylvia Koppermann | |
aktualisiert: 17.01.2011 | Mehrfache Mutter u. Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Kaum ein Fest wird in Deutschland so unterschiedlich gefeiert wie der Karneval. Es gibt Hochburgen des Faschings, in denen die gesamte Bevölkerung auf den Beinen zu sein scheint, um die Narrentage zu feiern und andere Regionen, in denen Kostümpartys bestenfalls in Schulen und Kindergärten stattfinden.
Der Ursprung des Karneval ist in ganz Deutschland gleich und früher wurden die Tage vor der Fastenzeit vielerorts gefeiert, wenn auch mit unterschiedlichen Traditionen. Warum also heute nicht mehr? Der Grund dafür ist tatsächlich die Religion, genau genommen der Unterschied zwischen katholischen und protestantischen Regionen.
Der Karneval ist die letzte tolle, wilde Zeit vor der Fastenzeit, die erst mit dem Osterfest endet. Man kann also sagen, in diesen Tagen wird so exzessiv mit Wein, Weib und Gesang gefeiert, weil in den darauf folgenden Wochen all diese Ausschweifungen nach der Lehre der katholischen Kirche verboten sind. Während der Fastenzeit gibt es kein Fleisch. Aus dem lateinischen "carne vale", was übersetzt "Fleisch, leb wohl" heißt, stammt auch der Begriff Karneval. Auch Alkohol und Sex sind, befolgt man die Fastenregeln in allen Punkten vorbildlich, tabu.
In früheren Jahrhunderten wurde die Fastenzeit streng eingehalten, selbst weltliche Macht unterstand schließlich der kirchlichen. Übertretungen der Fastenregeln konnten streng geahndet werden, was nicht selten mit öffentlichen Bloßstellungen wie dem Pranger und Spott der Mitmenschen einher ging. In besonders schlimmen Fällen, in denen Menschen regelmäßig die Auflagen des Fastens brachen, konnte sogar eine vorübergehende Exkommunikation ausgesprochen werden. Um gute Christen zu sein, hielten sich die Menschen also mehr oder weniger streng an die Fastenzeit. Den Abschied von den sogenannten "fetten Tagen" feierten sie dafür um so inbrünstiger mit dem Karneval.
Durch die Reformation spaltete sich die Kirche Deutschlands in zwei Lager. Einige Regionen hielten weiterhin am katholischen Glauben fest, während andere Gebiete den protestantischen Glauben annahmen. Zwischen den beiden Kirchen gibt es gravierende Unterschiede. Am bekanntesten ist wohl, dass protestantische Pfarrer nicht im Zölibat leben müssen, sondern heiraten dürfen. Auch ist die Ehe für Protestanten kein Sakrament, sondern weltlich. In der lutherischen Kirche gibt es zudem keine Heiligenverehrung. Weniger bekannt allerdings ist, dass es in der protestantischen Kirche keine Fastenzeit gibt, die streng vorgeschrieben wird.
Mit dem Wegfall der Fastenzeit in überwiegend protestantischen Regionen war es nun auch nicht mehr nötig, vor Beginn der asketischen Wochen noch einmal all dem zu frönen, was später verboten war. Es gab also, im kirchlichen Sinn, keinen Grund für ausgelassene Feste zur Karnevalszeit, da keine mageren Wochen folgen würden. Daher wurde in protestantischen Gebiete der Karneval bestenfalls nur noch aus reinem Vergnügen ohne speziellem Hintergrund oder Zweck gefeiert. Mit der Zeit schlief diese Tradition dann an vielen Orten immer mehr ein. Nur in katholischen Regionen, in denen zumindest noch offiziell eine Fastenzeit begangen wurde, hielt sich der ausgelassene Karneval als Zeit voller Festlichkeiten und Schlemmereien.
[SyKo]
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