Autoreninfo | Sylvia Koppermann | |
aktualisiert: 17.12.2014 | Mehrfache Mutter u. Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Möchte Mann damit eventuell ein Zeichen setzen, dass Mädchen, in seinen Augen einen geringeren Stellenwert haben? Ganz sicher nicht! Im Gegenteil.
Mädchen verließen mit der Heirat das Elternhaus. Der älteste Sohn blieb. Und er trug den Familiennamen weiter. Längst ist dieses Lebensmuster veraltet. Mädchen behalten immer öfter ihren Geburtsnamen bei der Heirat oder der Ehemann nimmt den Nachnamen der Frau an.
Ebenso fühlen sich Töchter gleichermaßen für die Eltern im Alter verantwortlich, wie Söhne. In Fragmenten ist das veraltete gesellschaftliche Denken noch in den Köpfen der Männer manifestiert. Aber das ist scheinbar nicht der einzige oder gar Hauptgrund, warum viele Väter, zumindest spontan sagen würden „Ich möchte zuerst einen Sohn“.Ein Mann erinnert sich an seine eigene Jugend, das Erwachen von Gefühlen und Interesse an Mädchen. Er weiß, wie man sich als heranwachsender Junge den gleichaltrigen Mädchen näherte, wie man erste sexuelle Erfahrungen sammelte und sieht sich nun in der Rolle des Vaters einer Tochter, die eines Tages ebenfalls im Teenageralter ist und Jungen begegnen wird, die so sind, wie der Vater einst war. Und, obwohl er seine Jugend kaum missen möchte, ist es für ihn unvorstellbar, dass seine Tochter auf Jungen trifft und mit ihnen zusammen ist, die die gleiche „Sturm und Drangzeit“ erleben, wie der Vater in seiner Jugend.
Die Perspektive ändert sich. Sah er einst die gleichaltrigen Mädchen, in seiner Pubertät als reif und begehrenswert, blickt er in der Vaterrolle auf seine Tochter und ist sich ganz sicher, dass sein Mädchen absolut nicht reif und begehrenswert zu sein hat.Es gibt sogar Studien, die belegen, dass Mädchen länger „klein“ bleiben. Forscher fanden heraus, dass Mädchen, umso später in die Pubertät und Geschlechtsreife kamen, je inniger ihr Verhältnis zum leiblichen Vater bereits seit der frühen Kindheit war. Ihre erste Periode setze meist später ein, als bei gleichaltrigen Mädchen, die ohne den leiblichen Vater aufwuchsen, ein angestrengteres Verhältnis zu ihm hatten oder sogar eine eher negative Beziehung zum Vater führten.
Warum dies so ist, kann bis heute nicht beantwortet werden. Eine von vielen Vermutungen liegt darin, dass Töchter von Vätern, zu denen sie eine sehr innige und vertraute Beziehung haben, etwas später geschlechtsreif werden, weil sie in ihrem Leben längere Zeit keinen anderen Mann oder Jungen brauchen.
Der Vater ist von Geburt an Vertrauter und Beschützer. Dafür fordert er nichts, sondern möchte nur, dass es seinem Mädchen gut geht. Warum also andere männliche Wesen ins eigene Leben lassen, die eventuell Forderungen stellen könnten?Für Männer sind die eigenen Töchter meist wie ein Sinnbild an Reinheit und Unschuld. Nichts darf das verderben. Und sie, die Väter, sehen sich als Verteidiger der Mädchen, wollen diese Rolle nie an einen Anderen, Jüngeren abgeben, denn kein Anderer kann diese Aufgabe erfüllen, wie der Vater.
Auch lernen Mädchen durch die Beziehung zum Vater, sich eher durchzusetzen. Während der Vater es lieber sähe, wenn die jugendliche Tochter noch mit bravem Kleidchen und geflochtenen Zöpfen Papa entgegen läuft, macht ihm das nun nicht mehr kleine Mädchen deutlich klar, dass es einen eigenen Modegeschmack hat, soziale Kontakte auch außerhalb der Familie pflegen will und sich selbst als erwachsener sieht, als Papa das tut.
All diese Grundlagen, zu lernen, für sich und seine Wünsche einzutreten, dabei jedoch auch die Sichtweise des Anderen zu betrachten, sind wertvolle Voraussetzungen, die der Vater seiner Tochter, wenn auch meist unbewusst, mit auf den Weg gibt.
Zudem zeigen Auswertungen verschiedener Berufsgruppen und Bildungsstände, dass Mädchen, die von ihren Vätern durch Lob und Anerkennung immer wieder positives Feedback erhielten, vor schwierigen Aufgaben im Leben und Herausforderungen weniger zurück schrecken und sich dadurch, öfter als Mädchen mit distanziertem Verhältnis zum leiblichen Vater, in Berufen antreffen lassen, die qualifizierte Grundlagen und nicht selten fordernde Bildungswege benötigen.Das macht für viele kleine Mädchen den Vater zu einer Art Heldenfigur, die die Monster unterm Bett verjagt, stark und mutig ist, Albträume verscheucht und doch zärtlich im Arm wiegt, wenn Papas Prinzesschen Geborgenheit sucht.
Kein anderer Mann erreicht in der Kindheit eines Mädchens diesen Stellenwert. Gerade Mädchen im Alter bis zur Einschulung versichern ihren Vätern immer wieder, dass sie den Papa heiraten wollen, wenn sie groß sind. Sie kennen keine Hintergedanken. Für sie ist die beste Art der Beziehung zu einem Menschen die, bei der sie sich uneingeschränkt und ausschließlich geliebt und beschützt fühlen.
Doch bleibt das innige Verhältnis zum Vater immer so? So wie Kinder im Leben ihren Weg finden und dabei viel lernen müssen, gilt Selbiges auch für Väter. Zu erwarten, dass die Tochter immer ausschließlich „Papas kleines Mädchen“ bleibt, wäre utopisch. In der Entwicklung von Mädchen ist es genauso wie bei Jungen. Sie probieren verschiedene Wege aus, wollen Schritte alleine gehen und die richtige Richtung für sich finden, ohne von Vater oder Mutter ständig gegängelt zu werden.
Es bleibt also nicht aus, dass auch das innigste Vater-Tochter-Verhältnis in Phasen kommen kann, in denen sich etwas mehr Distanz aufbaut.Möglicherweise tröstet es einige Väter sogar, dass Mädchen häufig im späteren Leben Partner wählen, die dem Mann in gewissen charakterlichen Grundzügen ähneln, der sie in der Kindheit positiv geprägt hat.
Allerdings geben die meisten Väter von heute ebenfalls zu, dass sie ihre Töchter eben am liebsten nicht unbedingt an der Seite eines Mannes sehen möchten, der wie der Herr Papa ist. Da kommen für die Väter eben wieder die Ängste ins Spiel. Und eine davon besagt, dass nur das Beste gut genug für ihre „kleinen“ Mädchen ist. Allerdings scheint kaum ein Vater benennen zu können, ob es das in seinen Augen Beste tatsächlich gibt.[SyKo]
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