⎯ Wir lieben Familie ⎯

Urlaub? Wie geht das?

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Spaß im Garten
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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 28.01.2020Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung
Immer wieder höre und lese ich Urlaubsberichte von Familien, die Sonne und Meer an einem Traumziel mit ausgeglichenen Kinder erlebten, um dann erholt in den Alltag zurück zu kehren.p>Ich bin ehrlich, ich brauche keine Fernreisen.

Es gibt zwar einige Orte, die ich sehen möchte, aber ich war noch nie der Typ, der stundenlang in einen Liegestuhl die Sonne gießen konnte bis die Haut der eines knusprigen Grillhähnchens ähnelt.

Erst dachte ich, diese Aversion gegen stupides Herumdümpeln in der Ferne wäre in einem Bewegungs- und Erlebnistrieb begründet. Aber inzwischen keimt der Verdacht in mir auf, dass es sich dabei einfach um Selbstschutz handelt.

Nach und nach sind wir dabei, unseren winzigen Hof in eine kleine Oase zu verwandeln, in der man im Grünen entspannen kann.

All die liebevoll gepflanzten Stauden, Bodendecker und Rosen beginnen sich langsam heimisch zu fühlen und auszubreiten. Ein guter Grund, sich bei strahlendem Sonnenschein mit einem guten Buch ins kleine Paradies zu setzen, und einfach ein paar Stunden zu entspannen.

Klingt gar nicht so schwer, oder?


Ja, wenn man nicht Mutter der Chaosbande ist!

Gestern haben wir es wieder versucht: im Garten sitzen, eisgekühlten Tee trinken, ein bisschen lesen und dabei die Kleinen beobachtend, uns stolz zulächelnd, wie toll sich Elly und Ruby doch beschäftigen.

So nahm ich also das Buch zur Hand, in dem ich gerade eine besonders spannende Passage lese ...

"Sie verstand die Welt nicht mehr. Der unbekannte Reiter musste eine wichtige Botschaft mitgebracht haben, wenn die ganze Burg in heller Aufruhr war ..."

RUMMS!

„Mamaaaaaaa, AUA!"

Plötzlich schlägt Elly rücklings neben mir auf, eigentlich noch in akkurater Sitzposition samt Stuhl unterm Po, nur jetzt mit starrem Blick gegen den Himmel. Das Buch fliegt über den Tisch, gleichzeitig stürze ich auf Elly zu. Sie blickt noch immer zum Himmel und will uns schimpfend davon überzeugen, dass die Kindergartenstühle völliger Mist sind, mit denen man nicht einmal ein bisschen kippeln könne. Fünf Minuten später, greife ich wieder zum Buch und brauche weiter fünf Minuten um meine Seite wieder zu finden.

Wo war ich doch gleich? Ach ja, da ist es ja!

"... die ganze Burg in heller Aufruhr war. Atemlos rannte sie in die große Halle, wo der Graf und seine engsten Ritter mit erschütterter Miene auf den Mann starrten, der abgekämpft vor ihnen stand..."

Aus den Augenwinkeln sehe ich Ruby auf den Tisch zu laufen. Sie wird doch wohl bremsen?!

Nein, natürlich nicht!

KAWUMMS!

Joe hat seine Seite der Tischkante nun wie ein Tablett vor der Brust, dafür taumelt Ruby mit einem geraden Streifen, den Abdruck ihrer Seite der Tischkante quer über der Stirn, rückwärts.

Diesmal fliegt das Buch noch ein Stück weiter weg und ich bekomme Ruby gerade noch zu fassen, bevor sie rückwärts in den Vorbau stolpert. Das infernalische Gebrüll meiner Kleinsten klingelt in allen Plomben und natürlich schimpft sie auch.

Nicht mit dem Tisch, sondern mit ihrem Papa und mir. Wir haben schließlich einen Tisch genau an der Stelle platziert, wo sie heute ihre Joggingrunde drehen will. Noch bevor wir klären können, ob wir ins Krankenhaus fahren sollten oder ein kalter Waschlappen ausreicht, sitzt Ruby wieder gut gelaunt bei Elly und heckt den nächsten Schabernack aus.

Mein Buch!

"... abgekämpft vor ihnen stand ..."

Um was ging es jetzt gleich noch mal? Ach ja, richtig!

"... Sie musste sein Gesicht sehen, musste wissen, wer dieser Mann war. Unauffällig bewegte sie sich hinter den Rittern entlang, nach vorn ..."

SCHEPPER!

"Mamaaaa, holste ma bitte Ruby ausse meine Eimer raus?"

Elly gestikuliert wild und empört und versucht auf die kleine Schwester zu zeigen, die den Sandkasteneimer gerade für einen prima Sommerstiefel hält, mit dem es sich zwar nur schwankend laufen lässt, aber der zumindest hübsch bunt ist.

Diesmal sprintet Joe an mir vorbei, greift elegant nach der Kleinen, bevor sie kopfüber in eines der Beete stürzt.

Papa hat alles im Griff, also weiter mit meiner Lektüre!

"... hinter den Rittern entlang, nach vorn ...."

Ein kreischendes Gelächter der Freude lässt mich zusammenzucken und automatisch wieder das Buch weg werfen.

Meine beiden kleinen Töchter stehen kichernd vor unserer deutschen Dogge, die Sandkastenschaufeln voll mit Erde in den Händen und rufen: "Schön den Mund aufmachen, Skadi, ja? Mussu alles aufessen, wirste groß und stark, ja? Ja, so isse fein!" Und der wahrscheinlich bekloppteste Hund der nördlichen Hemisphäre frisst artig den Erdklumpen von der Schaufel und lässt sich füttern wie ein Baby. Er peitscht dabei so erfreut mit der Rute, dass die letzten Blätter der Rosenblüte abfallen und nur noch ein nackter Stängel traurig im Blattgrün steht. Joe schaut mich an, schüttelt den Kopf und meint nur: "Um wen sollen wir uns jetzt mehr Sorgen machen, die Kleinen oder den Hund?"

Ich erspare mir eine Antwort, schließe für einen Millisekunde die Augen, atme durch und will erneut zu meinem Buch greifen, da läuft es mir warm am Bein herunter. Ruby flitzt mit meiner Kaffeetasse an mir vorbei Richtung Elly, um ihr stolz die Beute zu zeigen. Der Kaffee ist nicht mehr in der Tasse, der läuft in einem zarten Bächlein in meinen Schuh und auf meinen Mann zu.

Während wir nun hektisch das Chaos zu beseitigen versuchen, schlägt Ruby erneut an der Tischkante ein.

Diesmal wird nicht gebrüllt, nur wütend gemeckert.

Sie schimpft noch immer als ich mich wieder setzen will und nicht kann, weil mein Nesthäkchen aus Protest in meinem Gartenstuhl Platz genommen hat und partout nicht herunter will.

Mein Mann hat nun Erbarmen und bietet mir seinen Platz an. So kommt er zwar aus seiner relativ sicheren Ecke näher an die Front der Kleinen, aber ein Kavalier in Urlaubsstimmung lässt sich von nichts abschrecken. Kaum sitzen wir beide wieder, Ruby hat die Stuhlbesetzung erstaunlich schnell beendet, geht es richtig rund.

Elly will nun ausgerechnet das Förmchen haben, mit dem Ruby gerade versucht, unseren jungen Sommerflieder auszugraben.

Der Krieg der beiden Miniwalküren bricht in Sekundenschnelle aus, so dass Joe und ich es nicht schaffen, schnell genug die eineinhalb Meter zu ihnen zu hechten, um das Schlimmste zu verhindern. Ein keifendes und kreischendes Knäuel Windelmatronen rollt an uns vorbei. Wir zählen bis drei, holen tief Luft und gehen beherzt dazwischen, in der Hoffnung, dass jeder eines der Kinder erwischt.

Welches Mädchen wir gerade gepackt haben, ist nicht klar erkennbar. Denn beide sehen durch die Schlacht quer über den Gartenboden aus wie kleine Schornsteinfeger. Resolut verteilen wir klare Ansagen, dass jetzt Schluss ist und jeder aufhört, auf den anderen ein zu prügeln, da hören wir hinter uns pumpende Geräusche. Entsetzt starren wir uns an, die Mädchen vergessen schlagartig jegliche Kampfhandlung und fallen in einträchtiges Kichern. Die pumpenden Geräusche enden in einem lautstarken BÖÖÖARG und Elly nickt weise "Ja, Skadi, hassu bestömmt zuviel gegessen!"

Ich hätte nie gedacht, dass ein Hund blass werden kann. Unserer jedenfalls ja. Um genauer zu sein, sogar leicht grünlich. Mit hängenden Ohren liegt Skadi unterm Tisch, vor ihr eine monströse Erdklumpentorte, dampfend und frisch ausgekotzt.

Joe galoppiert los eine Schaufel holen - ich halte einen Schaufelradlader für effektiver - als ein Schrei ertönt, der sich nach unserem Kater Skit anhört, gefolgt vom Fluchen meines Mannes.

In ihm reift gerade die Erkenntnis, dass wenn ihn aufgrund der Kinder nicht der Herztod erwischt, er sich garantiert das Genick brechen wird, weil das Katzenvieh ständig irgendwo im Weg herumliegen muss.

Ein letzter Versuch endlich zu erfahren, welcher Bote denn nun mit welcher Nachricht in meinem Roman für Unruhe sorgt, endet damit, dass Skadi ihre Sabberlefzen zwischen die Seiten meines aufgeklappten Buches packt. Sollte ich das Papier je lesbar abwischen und trocknen können, um zu erfahren wie es weitergeht, muss das warten bis die Kinder im Bett sind und ich mich im Bad eingesperrt habe, um in der Wanne zu lesen. Meine Älteste kommt mit ihrer Tochter vorbei.

Nun ist es ganz aus mit der Ruhe, denn wenn Elly und Zita aufeinander treffen, steigt entweder eine Endschlacht a la "Herr der Ringe" oder sie hecken gemeinsam Dinge aus, auf die nicht einmal Michel aus Lönneberga gekommen wäre.

Jemma fragt noch unschuldig, ob wir denn einen ruhigen Nachmittag gehabt hätten, als die Antwort wie von allein kommt.

Hysterisch quietschend rennen Zita und Elly durch den Garten und verkünden: "Eine Schlange! Eine Schlange! Da hinten, bei de Spielsachen. Die beißt!"

Der Experte der heimischen Schlangenarten, mein Göttergatte, bewaffnet sich gelassen mit seiner Schaufel und schlendert mit den Worten: "Ich weiß, eine hochgefährliche Klapper-Nacktschnecke sitzt auf dem Bollerwagen. Ich hab sie schon gesehen" los. Kurze Zeit später kommt Till aus dem Freibad wieder, lässt sich erschöpft in einen der Stühle fallen, schaut in die Runde, seufzt und bemerkt mit der Arroganz eines Sechzehnjährigen: "So gut wie Ihr möchte ich es auch mal haben! Den ganzen Tag faul im Garten sitzen, während ich im Freibad unter Anstrengung meinen Körper zu stählen versuchte".

Mit beginnender Dämmerung schaffen Joe und ich es endlich, uns noch für ein paar Minuten in den Garten zu verziehen ohne von einem der Kinder verfolgt zu werden. Zum Lesen ist es zwar nun zu dunkel, aber die Aussicht auf das Entspannungsbad besteht ja noch.

Skadi, völlig erledigt von den Folgen ihres Festmahls, liegt ruhig neben uns und mein Mann schüttelt bedächtig den Kopf.

"Stell Dir mal bitte vor, wir würden mit der Bande in den Urlaub fahren. Hier haben wir alles griffbereit: Schaufeln, Verbandskästen, Feuerlöscher ... ! Alles, was wir brauchen, um einen Nachmittag mit den Kindern zu überleben. Aber in der Fremde, an irgendeinem Strand .....! Ich mag gar nicht darüber nachdenken."

Zustimmend nicke ich. Er hat so verdammt recht!

Nicht nur, dass wir anderswo kaum eine der alltäglichen Katastrophen überstehen könnten. Nein, wahrscheinlich würden wir innerhalb kürzester Zeit als Steckbrief in sämtlichen Reisebüros hängen, mit der dringenden Warnung an alle Reiseverkehrskaufleute, für uns keinen Urlaub zu buchen.

Und wenn wir auf eigene Faust einfach los fahren würden, stießen wir sicher schon an der Grenze zum nächsten Bundesland auf Ein- und Durchreiseverweigerung."Ach Schatz," muntere ich ihn auf, "darüber nachzudenken ist doch müßig. Wir sind doch eh nicht der Typ Mensch, der gern in den Urlaub fährt. Zu Hause ist es doch noch am Schönsten. Im eigenen Garten entspannt es sich am besten."

Und wieder einmal kichert das kleine Teufelchen auf meiner Schulter hämisch, während das Engelchen auf der anderen wütend zischt: "Hör auf zu grinsen, Teufel: Eine Lüge aus Selbstschutz, ist noch keine Sünde!"

SyKo]

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