Was ist Poltern?
Unter dem Begriff „poltern“ versteht man ein schnelles und/oder unregelmäßig schwankendes Sprachtempo, bei dem es zusätzlich zu Auslassungen, Verschmelzungen und artikulatorischen Veränderungen von Lauten, Silben, Wörtern und Phrasen kommt. Diese Sprachstörung kann sowohl im Kindesalter als auch bei Erwachsenen auftreten. Das Gesprochene wird hierdurch oft schwer verständlich und in einigen Teilen absolut unverständlich. Tritt das Poltern im Kindesalter auf, so kommen oft weitere Störungen der Sprachentwicklung hinzu. Im Rahmen einer Sprachentwicklungsstörung kann mit bestehender Aussprachstörung eine Kombination der beschriebenen Polter-Symptomatik einhergehen. Hierbei sind die einzelnen Fälle nicht klar voneinander abzugrenzen. In der Regel zeigen polternde Kinder häufig Unflüssigkeiten in Form von Wiederholungen von Silben, Wörtern und Satzteilen oder Lautwiederholungen mit Wortabbrüchen, die das normale Maß überschreiten. Im Rahmen des Polterns kommt es bei Erwachsenen teilweise zu Schwierigkeiten in der Strukturierung von sprachlichen Inhalten. Diese Art von Symptomatik lässt sich bei jüngeren polternden Kindern nicht eindeutig von einer Sprachentwicklungsstörung abgrenzen. Häufig verstärkt sich das Poltern zu Beginn der Pubertät.
Welche Ursachen hat das Poltern?
Beim Poltern lässt sich grundsätzlich von den gleichen Ursachen ausgehen, egal ob dieses schon im Kindesalter oder erst später im Erwachsenenalter auftritt. Der eigentliche Grund für das Poltern konnte noch nicht endgültig ermittelt werden. Derzeit wird aber diskutiert, ob das Poltern durch eine von der Norm abweichende neurophysiologische Aktivierung in den primär motorischen und prämotorischen Arealen zustande kommt. Dies würde bedeuten, dass sprachliche Äußerungen schon bevor deren Planung endgültig abgeschlossen ist bereits ausgesprochen werden. Poltern gilt nicht als psychische Störung.
Häufigkeit
Die Auftretenshäufigkeit liegt laut einer Studie aus den siebziger Jahren bei knapp 0,8 % bei Kindern. Damit liegt diese deutlich höher als die für die Gruppe der Erwachsenen angegebene Häufigikeit von nur 0,4 %. Aktuellere Untersuchungen liegen derzeit nicht vor.
Diagnose
Beim Verdacht auf Poltern wird in der Regel eine ärztliche Verordnung von einem Kinderarzt ausgestellt, die eine logopädischen Diagnostik einleitet. Bei Kindern, die sich im Vorschulalter oder frühen Grundschulalter befinden, werden zunächst einmal alle Bereiche der Sprachentwicklung wie die Aussprache, der Wortschatz, die Grammatik und das Sprachverständnis sowie die Bereiche der Hörverarbeitung logopädisch untersucht.
In der Anamnese werden neben den aktuellen Symptomen auch die sprachlichen Entwicklungen und Faktoren erfragt, die zur Aufrechterhaltung vom Poltern beitragen könnten. Dies könnte zum Beispiel ein erhöhtes Sprechtempo der Eltern sein. Auch wird das Kind auf seine Sprechmotorik und seine Fähigkeiten zur Verlangsamung des Sprachtempos, des Kommunikationsverhalten und weiteren ausschlaggebenden Faktoren hin untersucht. In einem ausführlichen Gespräch wird das Kommunikationsverhalten und der Leidensdruck der Kinder und natürlich der Eltern besprochen. Darauf aufbauend werden Therapieziele und -inhalte geplant.
Behandlung
Treten bei Kindern im Vorschulalter oder frühen Grundschulalter in diesen Bereichen Defizite auf, so wird zuerst an Sprachverständnis, Aussprache, Grammatik und Wortschatz sowie dem grundlegenden Kommunikationsverhalten gearbeitet. Hierbei lernen die Kinder, dass man sich zum Beispiel beim Sprechen abwechselt und auch zuhören muss. Die Arbeit in diesen Bereichen wird hierbei so gestaltet, dass sie indirekt zur Verbesserung des Polterns beiträgt.
Auch die Eltern werden in diese Therapie mit eingebunden und lernen helfend auf die auftretenden Poltersymptome zu reagieren und gut verständliches Sprechen des Kindes positiv zu verstärken. Im weiteren Verlauf gibt es Übungen zur Mundmotorik, die die deutliche Aussprache verbessern sollen und gemeinsam mit den Eltern wird im Zuge der Therapie daran gearbeitet, Verhaltensweisen, die das Poltern verstärken, zu reduzieren. Legen zum Beispiel die Eltern ein zu hohes Sprechtempo in der Kommunikation mit dem Kind an den Tag, so ist dieses im Laufe der Therapie nach Möglichkeit zu verlangsamen und im Lebensalltag des Kindes Hektik und Stress zu vermindern.
Auch ergänzende, sprachfreie körperliche Übungen können hierbei positive Effekte erzielen. Sobald die zu therapierenden Kinder ein Alter von 9-10 Jahren erreicht haben, gleichen die Inhalte der Kindertherapie denen der Erwachsenentherapie. Das ältere, polternde Kind oder auch der junge Erwachsene lernt hierbei, sein Sprechen in wichtigen Situationen zu kontrollieren und hierdurch eine grundlegende Verbesserung seiner Symptomatik zu erreichen. Angepasst an die persönliche Poltersymptomatik geschieht dies durch Übungen zur Wahrnehmung der Symptome, durch sofortige Korrektur gepolterter Sprache, durch den Umgang mit verschiedenen Sprechgeschwindigkeiten und ebenso durch sprachliche Strukturierungsübungen. Hierbei werden die Therapieinhalte in das echte Leben übertragen, so dass die Therapieeffekte nachhaltig sind.
Rat und Hilfe für Eltern
Eine echte Vorbeugung gegen das Poltern gibt es nicht. Hilfreich kann es jedoch sein, jegliches Verhalten, das flüssiges, verständliches Sprechen fördert zu unterstützen. Dies bedeutet im Alltag, individuell zu beobachten, in welchen Situationen das Kind am besten spricht und solche alltäglichen Situationen zu verstärken und wenn möglich, ins tägliche Leben fest zu integrieren. Des Weiteren kann es hilfreich sein, den Alltag des Kindes so zu strukturieren, dass es zum Beispiel feste Essens- und Schlafenszeiten gibt, die dem Kind helfen, sich zu orientieren.
Sollte ein Verdacht auf Poltern bestehen, so erfolgt die erste Abklärung meist über den Kinderarzt, Phoniater oder einen HNO-Arzt. Darüber hinaus gibt es Beratungsstellen in sozialpädiatrischen Zentren oder den Sprachambulanzen in Gesundheitsämtern.
[KaKra]