Autoreninfo | Sylvia Koppermann | |
aktualisiert: 24.01.2011 | Mehrfache Mutter u. Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
In Europa galt die Karnevalszeit weithin als letzte 'fette' Zeit vor den Fastenwochen, die mit dem Osterfest endeten. Auch wenn regional große Unterschiede in den Karnevalstraditionen herrschten, hatten sie jedoch eines gemeinsam: das ausgelassene Feiern.
In Portugal wurde dies vor allem in Form von ausgefallenen Rennspielen zum Ausdruck gebracht, bei denen man sich auch mit Nahrungsmitteln bewarf. Ganze Straßenzüge erinnerten an einen wahren Eintopf, in dem sich die Menschen vergnügt balgten.
Diese Tradition brachten portugiesische Kolonialisten bereits im 17. Jahrhundert nach Brasilien. Die ersten klaren Belege für Karnevalsfeiern in Brasilien stammen jedoch aus dem Jahr 1723. Wie in der europäischen Heimat feierte man ausgelassen, indem man sich gegenseitig mit Nahrungsmitteln und auch Schmutz bewarf und beschmierte.
Erst ab etwa 1840 wurden Maskenbälle eingeführt. Wahrscheinlich geschah dies vorrangig auf Betreiben der höheren Bürgerschichten, die sich damit vom 'gemeinen Volk' abheben und an die europäischen Traditionen anknüpfen wollten.
Mit der Gründung erster Karnevalsclubs um 1855 zeigte sich eine klare Trennung der gesellschaftlichen Schichten, die innerhalb ihrer Clubs unter sich blieben. Mit der Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1888 gab es eine neue Entwicklung in der Karnevalstradition. Tausende ehemalige Sklaven feierten ausgelassen ihre gewonnene Freiheit und drückten dies vor allem durch Musik und Tanz aus. Immer mehr Sambaschulen entwickelten sich aus den Karnevalsclubs und unzählige neue Tanzeinrichtungen wurden gegründet. In den Tänzen sollte die Freude und Freiheit symbolisch dargestellt werden, genauso die ungebrochene Lebenslust. Zum Leidwesen der gutbürgerlichen Gesellschaft rückte die europäische Karnevalstradition damit immer mehr in den Hintergrund. Umso mehr festigten sich die Umzüge der Tänzer zu heißen Sambarhythmen, die so gar nicht dem 'guten Ton' der konservativen Gesellschaft entsprachen.
Autoreninfo | Sylvia Koppermann | |
aktualisiert: 24.01.2011 | Mehrfache Mutter u. Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
1935 war schließlich das Geburtsjahr des 'Karneval in Rio', wie wir ihn heute kennen. Der erste Karnevalswettbewerb der Sambaschulen zog durch die nächtlichen Straßen der Hauptstadt. Noch heute finden diese Umzüge in den Abend- und Nachtstunden am Sonntag und Montag vor dem Aschermittwoch statt.
Gerade unter dem Großteil der brasilianischen Bevölkerung, die auf afrikanische Wurzeln zurückblicken kann, findet man kaum Familien, die nicht Mitglieder in einer der unzähligen Sambaschulen sind. Diese Sambaschulen sind mehr als Karnevalsvereine, die sich dem jährlichen Wettbewerb widmen. Vor allem für Mitglieder, die an und unter der Armutsgrenze leben, bedeuten diese Einrichtungen nicht nur eine Möglichkeit, regelmäßig dem Alltag zu entkommen. Besonders gute Tänzer haben auch die Chance, berühmt zu werden und somit einen sozialen Aufstieg zu erlangen.
Beim eigentlichen Karnevalswettbewerb stellt jede teilnehmende Sambaschule einen kompletten Umzug auf die Beine, der aus etwa fünf bis acht Wagen und bis zu 5.000 Tänzern besteht. Diese führen in ihrem Umzug eine gesamte Vorstellung zu einem bestimmten, selbstgewählten Motto auf. Eine Jury aus 40 Punktrichtern bewertet in verschiedenen Kategorien die Erfüllung der Anforderungen. Ob nun Einzel- oder Gruppenbewertungen, es zählen vor allem Kostüme, Rhythmus, die Harmonie der Tänzer, aber auch die Einhaltung des vorgegebenen Zeitlimits der einzelnen Teilnehmer, ihrer Gruppen und der Festwagen.
Auch Kinder dürfen, unter Einhaltung gewisser Richtlinien, an den Karnevalswettbewerben teilnehmen. Neben Auszeichnungen und Trophäen winkt den besten drei Sambaschulen ein Geldpreis, der in die Einrichtung selbst und zum großen Teil in die Kostüme und Wagendekoration für das nächste Jahr fließt.
[SyKo]
Fragen zu diesem und ähnlichen Themen stellten Mamis auch hier: