Autoreninfo | Sylvia Koppermann | |
aktualisiert: 27.01.2020 | Mehrfache Mutter u. Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Es ist zum Verrücktwerden!
Da hat man einen Kopf, wird von klein auf gedrillt, ihn zu benutzen und niemand sagt einem, dass dies auch Nebenwirkungen hat.
Liegt es daran, eine Frau zu sein?Ist es ein Gesetz der Natur, das uns zwingt, alles und immer zu analysieren, auseinander zu pflücken und zu zerhacken?
Wie oft hat man sich gewünscht, der Romantiktrampel möge doch ein einziges Mal eine Brise rosa Herzchen um die Ohren geweht bekommen, doch irgendwie herrscht Windstille. Die beste Freundin muss her, es wird diskutiert und lamentiert, bis man völlig paralysiert zum Ergebnis kommt, dass man ein bedauernswertes Wesen ist, lebenslang gebunden an den Mann, der Wolke 7 für eine Hafenkneipe hält.
Nun aber kommt der Tag, an dem dem der rohe Klotz seine Holde bittet, sich von ihm entführen zu lassen. Essen wolle er gehen, mit ihr, in ein sündhaft teures, aber romantisches Restaurant, um danach den Abend bei einem Glas Wein ausklingen zu lassen.Grund: Gedanken fangen an zu arbeiten!
Können wir es uns überhaupt leisten? Wie kommt der überhaupt auf einmal auf die Idee, wo er sonst nie Essen gehen wollte? Hat der etwas wieder gut zu machen? Wenn ja, was? Will er deshalb auch den Abend beim Wein beenden, weil er mir etwas zu beichten hat, wofür er mich zuvor abzufüllen gedenkt?Wieder wird die beste Freundin angerufen und in gemeinschaftlichem Gedankenwirrwarr bereitet man den Schlachtplan vor, dem Schuft nicht die Genugtuung zu liefern, sein Weib unvorbereitet zu treffen.
Der verführerische Fummel wird in einem Einkaufsmarathon ergattert, ein vierstündiges Wellnessprogramm Marke Eigenbau verleiht den letzten Schliff und mit einem lasziven Lächeln, obskur dekoriert vom unterkühlten Blick, lässt Frau sich in den Mantel helfen.Im Restaurant ist dann taktisches Warten angesagt. Während Mann noch die Karte studiert und Vorschläge unterbreitet, schielt Frau durch die Tischdekoration, weil jedes Umblättern ein Beweis nervöser Handlungen sein könnte. Bis zum Dessert muss Frau nun mit sich ringen, eine lockere Unterhaltung mithalten zu können. Sie weiß nicht einmal, ob das Mahl schmackhaft war. Ihre Gedanken drehen sich einzig darum, der Versuchung zu widerstehen, über den Tisch zu springen und den Gatten mit der eigenen Krawatte zu würgen, bis er gesteht, was auch immer er verbrochen haben könnte.
Als Mann schließlich Frau in den Mantel hilft, um sie Heim zu führen, kommt ihr zum ersten Mal der Gedanke, dass Schätzelein vielleicht tatsächlich keine bösen Absichten vertrat und sich einfach nur der Romantik hingeben wollte.
Erleichtert seufzt sie auf, beschimpft sich während des gesamten Weges nach Hause innerlich, wie sie nur so misstrauisch sein könnte und nimmt sich fest vor, dass der Rest des Abends nun der Liebe zu Ehren verlaufen soll. Nachdem auch die Grübeleien, ob denn die Kinder tatsächlich selig und zufrieden bei den Großeltern schlafen, abgehakt werden konnte, inklusive dem zyklisch auftretendem Drang, diese anzurufen und sich zu versichern, dass weder das Haus brennt, noch eine plötzlich auftretende Lungenentzündung das Eingreifen eines Notarztes nötig machten, fällt Frau endlich zu Mann aufs Sofa und gibt sich einer minutenlangen Entspannungsphase der Zärtlichkeiten hin.Verträumt stellt sie sich vor, nur mit dem Geliebten an einem Strand zu liegen. Weißer, weicher Sand, von der Sonne erwärmt,... eine leichte Brise, die die Palmenblätter schaukelt,... das sanfte Rauschen des Meeres,...
Und schon geht es wieder los: Wie wären wir wohl dort hingekommen, wären wir tatsächlich da? Sind Reisen an solche Orte teuer? Gibt es diese Einsamkeit überhaupt oder fährt gleich ein vollbesetzter Bus Touristen durch meine Träume? Fühlt sich mein Mann da überhaupt wohl, wo er doch kühlere Klimazonen bevorzugt?Letztendlich muss Frau sich innerlich ohrfeigen, um nicht den Anschluss zu verpassen.
In voller Konzentration stürmt sie gefühlsmäßig hinter dem Mann hinterher und schafft es vielleicht sogar, ihn noch einzuholen.Er schmunzelt.
Dann lacht er laut los und prustet, er habe schon immer gewusst, dass wir Frauen viel zu kompliziert denken. Und schon rattern die Zahnräder in meinem Kopf los: Was will er mir damit sagen?[SyKo]