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Glutenunverträglichkeit bei Kindern
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Autoreninfo | Torsten Pinkert |
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aktualisiert: 22.11.2010 | Co-Gründer Mamiweb |
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Wenn aus dem fröhlichen Baby plötzlich ein kränkelnder, blasser Säugling wird, ist nicht selten Zöliakie verantwortlich. Doch worum handelt es sich bei der Erkrankung, wie kann sie erkannt und behandelt werden?Was ist Zöliakie?
Glutenunverträglichkeit, auch Zöliakie genannt, ist eine Autoimmunerkrankung. Wird durch die Nahrung das Kleber-Eiweiß Gluten aufgenommen, entzündet sich der Dünndarm. Die Folge ist ein deutlich schnelleres Absterben der Schleimhautzellen. Durch diese verkürzte Lebenszeit kann sich die Schleimhaut nicht mehr vollständig regenerieren, sie wird nach und nach dünner. Die Darmzotten und damit auch die Oberfläche des Dünndarms schrumpfen. Essenzielle Stoffe aus der Nahrung können nur in verminderter Menge oder gar nicht mehr aufgenommen werden. Da Gluten in zahlreichen Nahrungsmitteln enthalten ist, gelangt es im Normalfall täglich in den Darm. Dadurch entsteht eine chronische Entzündung des Dünndarms, die sich durch teilweise sehr unterschiedliche Symptome äußern kann. Die Glutenunverträglichkeit ist zum Teil erblich. Leiden Mutter oder Vater, erkannt oder unerkannt, daran, besteht eine zehnmal höhere Wahrscheinlichkeit für das Ausbrechen der Krankheit.
Glutenunverträglichkeit bei Babys und Kleinkinder erkennen
Zöliakie kann sich erst einstellen, nachdem die Umstellung von Muttermilch auf Babybrei erfolgt ist. Auch dann zeigen sich erste Symptome aber nicht sofort, sondern für gewöhnlich erst einige Wochen oder gar Monate nach der Umgewöhnung.
Zu den Symptomen zählen:
- Durchfall
- Blähungen
- Bauchschmerzen
- Appetitlosigkeit bis hin zur Verweigerung von Nahrung
- Krämpfe
- Gewichtsverlust
- verzögerte Entwicklung
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwäche
- ständige Müdigkeit
- Zahnschäden
- Missmutigkeit
- trockene Haut
- Blässe und Blutarmut
- Nervosität
- zusätzliche Laktoseintoleranz
Babys und Kinder, die unter Zöliakie leiden, sind oft dünner und kleiner als gleichaltrige Kinder. Sie wirken blass, sind anfällig für Krankheiten und benötigen meist sehr lange, um sich von Infekten zu erholen. Zudem haben sie in einigen Fällen zwar sehr dünne, nahezu unbemuskelte Arme und Beine, zugleich aber einen dicken, geschwollenen oder geblähten Bauch. Besonders typisch sind auch häufige oder gar stetige Durchfälle, die übel riechen und fettig glänzen oder aber eine schaumige Konsistenz aufweisen. Und auch bei Kindern, die scheinbar grundlos missmutig, übellaunig oder unleidlich sind und nur gelegentlich über Bauchschmerzen klagen, ist eine Zöliakie wahrscheinlich. Schreitet die Zöliakie fort und wird nicht behandelt, entstehen zunehmend Mangelerscheinungen. Zudem steigt das Risiko für Diabetes und bestimmte Krebserkrankungen.
Von der Ahnung zur Diagnose
Aufgrund der Vielzahl der möglichen Symptome und ihrer sehr unterschiedlichen Stärke ist es schwierig, eine Glutenunverträglichkeit sofort zu erkennen. Dennoch werden die meisten Diagnosen im Kindesalter bereits zwischen dem 6. und 7. Lebensmonat gestellt. Verantwortlich für diese zeitliche Häufung ist die vorangegangene Umgewöhnung von Muttermilch auf getreidehaltigen Brei. Diese erleichtert es, den Auslöser aufzuspüren. Der Verdacht und zeitlicher Zusammenfall allein sind aber noch nicht ausreichend. Denn auch andere Unverträglichkeiten und Erkrankungen können die oben genannten Symptome auslösen. Daher ist ein Bluttest auf spezifische Antikörper unumgänglich. Bestätigt dieser den Verdacht, ist zudem eine Biopsie des Dünndarms notwendig, um Zöliakie eindeutig zu diagnostizieren. Eltern können diese Biopsie jedoch auch verweigern und direkt zur Behandlung übergehen. Vor allem bei Kindern, die jünger als zwei Jahre sind, reicht ein Bluttest allein häufig nicht aus. Hier ist es ebenfalls ratsam, eine Behandlung zu beginnen. Stellt sich Besserung ein, erfolgt eine relativ sichere Diagnose durch das Ausschlussverfahren.
Muttermilch als Prävention
Solange Babys ausschließlich von Muttermilch ernährt werden, kann die Zöliakie, auch bei vorhandener genetischer Veranlagung, nicht ausbrechen. Erst wenn eine Umstellung auf getreidehaltige Breisorten erfolgt, der Darm also in Kontakt mit Gluten kommt, kann auch die Krankheit auftreten. Je später das Abstillen erfolgt, desto geringer das Risiko für Zöliakie. Als grundsätzliche Grenze gelten sechs Monate. In diesem Alter ist die Darmschleimhaut bereits so dicht, dass
Gluten, oder genauer Gliadin, im Normalfall nicht mehr durch sie hindurch gelangt. Ist das Stillen oder Abpumpen gar nicht oder nur sehr kurz möglich, sollte auf glutenfreie Produkte geachtet werden.
Schulmedizin und Alternativen - Die Therapie
Zöliakie ist zwar behandelbar aktuell aber nicht heilbar. In der Schulmedizin werden zwei Behandlungswege verfolgt:
- 1. lebenslange, glutenfreie Diät
- 2. intravenöse Zuführung von Vitaminen und Mineralstoffen
Der zweite Behandlungsweg wird allerdings nur verfolgt, wenn bereits eine so starke Schädigung des Darms vorliegt, dass Vitamine und Mineralstoffe nicht mehr durch die Schleimhaut des Darms aufgenommen werden können und bereits Mangelerscheinungen aufgetreten sind. Wird eine glutenfreie Ernährungsweise eingehalten, verschwinden auch die Symptome. Abhängig von der Stärke der Erkrankung und ihrer Dauer kann dies aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis sich der Zustand normalisiert, können daher Wochen oder sogar Monate vergehen.
Zusätzlich oder auch statt der glutenfreien Diät kann eine homöopathische Behandlung, beispielsweise mit Globuli, erfolgen. Eine solche Behandlung erfordert allerdings einen fachkundigen und erfahrenen Arzt oder Homöopathen und viel Geduld.
Glutenfrei - bei Zöliakie unverzichtbar
Das Kleber-Eiweiß Gluten ist vor allem in den folgenden Getreidearten vorhanden:
- Weizen
- Gerste
- Hafer
- Roggen
- Dinkel
- Grünkern
Aber auch andere Lebensmittel und sogar Medikamente können Gluten enthalten. Bei Zöliakie ist es jedoch unverzichtbar, auf eine glutenfreie Ernährung zu achten. Geeignete Lebensmittel können an der Aufschrift 'glutenfrei' oder einer durchgestrichenen Getreideähre erkannt werden.
Grundsätzliche glutenfrei und daher erlaubt sind:
- Reis
- Hirse
- Mais
- Soja
- Sesam
- Buchweizen
- Kastanienmehl
- Kartoffeln
- Obst
- Gemüse
- Fleisch
- Fisch
- Öle
Bei verarbeiteten Lebensmitteln, Fertiggerichten und -produkten sollte aber in jedem Fall auf die Inhaltsstoffe geachtet werden. Denn auch hier kann sich Gluten verstecken. Zudem muss auf eine vollwertige Ernährung geachtet werden, damit keine Mangelerscheinungen auftreten.
Ist es bei Babys noch relativ einfach, eine vollständig glutenfreie Ernährung einzuhalten, wird es spätestens in der Kindertagesstätte problematisch. Und auch Urlaube, Einladungen und Essen in Restaurants können schwierig werden. Mit ausreichend Erfahrung und glutenfreien Rezepten können aber auch diese Hürden genommen werden.