Die eigene Scheu blockiert uns und unsere Kinder
In Bezug auf Menschen mit Behinderungen, stoßen wir auf eine dieser Grenzen. Dazu müssen wir nicht einmal Vorurteile gegenüber Behinderten haben. Eine von uns als Höflichkeit angesehene Distanz, kann bereits eine Berührungsangst sein, die wir selbst nur schwer überwinden. Das übertragen wir wiederum – oft unbewusst – auf unsere Kinder, die zunehmend verunsichert sind, denn eigentlich haben sie keinerlei Berührungsängste mit Menschen, die Behinderungen haben. Sicherlich kann es sein, dass ihnen etwas unheimlich erscheint, aber das ist selten der Mensch an sich.
Kinder sind von Natur aus neugierig
Um ein Beispiel zu nennen, betrachten wir einmal den Umgang mit Rollstuhlfahrern. Wir möchten nicht unhöflich sein, schauen weg, damit der Betroffene sich nicht begafft fühlt. Kinder hingegen schauen hin. Neugierig, voller Fragen und wir neigen dazu, uns zum Kind zu beugen und ihm zuzuflüstern, es möge doch nicht so starren, da das unhöflich sei. Wir befürchten, der im Rollstuhl Sitzende könnte sich fühlen, wie eine Jahrmarktfigur. Vielen Menschen, die mit ihrer Behinderung leben, ist es jedoch lieber, man geht ungezwungen mit ihnen und dem Handicap um (siehe dazu auch unseren Beitrag zur
deutschen Gebärdensparache.
Kinder wollen alles ganz genau wissen
Ein Kind, dass auf den Rollstuhlfahrer zugeht, hat meist viele Fragen. „Warum kannst Du nicht laufen?“ ist nur eine beiläufige Frage. Viel öfter will es wissen, ob der Rollstuhl bequem ist oder wie schnell man damit fahren kann. In den Augen des Kindes ist der Rollstuhlfahrer selten bedauernswert, sondern "cool". Sie empfinden kein Mitleid, sondern Interesse.
Entsprechend ungezwungen ist ihr Umgang mit dem Gegenüber und wenn sie später Anderen davon berichten, dass sie einen Menschen kennen gelernt haben, der anders war, dann spricht Faszination aus ihrer Stimme.
Was können wir von unseren Kindern dabei lernen?
Vergleichen wir unser Verhalten und das der Kinder, gegenüber Menschen mit Behinderungen, müssen wir zwangsläufig meist zugeben, dass wir verklemmt und gehemmt sind. Wir denken in zu vielen „Wenn“ und „Aber“, interpretieren in einen uns fremden Menschen dessen mögliche Gefühle, die eigentlich unsere sind, stellen uns vor, wie wir uns vielleicht mit dessen Handicap fühlen würden und unterdrücken damit, ungezwungen auf den Anderen zugehen zu können.
Mehr Mut im Alltag
Kinder bringen uns etwas bei, indem sie uns zeigen, dass man sich nicht vom Anblick eine Rollstuhls verschrecken lassen, sondern rein den Menschen darin sehen sollte. Und so ist es auch bei jeder anderen Behinderung. Fixiert man sich auf dieses eine Detail, das den Menschen mit Behinderung und uns unterscheidet, vergrößert man eine Distanz. Sieht man aber primär die Person und geht vorurteilsfrei, ohne Interpretationen, auf sie zu, lernt man den Menschen selbst kennen. Wir können also tatsächlich etwas von unseren Kindern lernen.
[SyKo]