Mit nun knapp 13 Monaten hat dein Kind einen weiteren Meilenstein in seiner
Entwicklung zurückgelegt. Es ist ab diesem Entwicklungsschub in der Lage, statt in
Reihenfolgen, in Programmen, also in komplexen Abläufen zu denken. Was dies im
einzelnen genau für das Verhalten deines Kindes heißt, was es jetzt Neues dazugelernt
hat, das kannst du hier erfahren.
Was du hier lesen kannst:
Selbstständig etwas anfangen
An etwas schon Angefangenem teilnehmen
Programme selbstständig ausführen
Selbstständig etwas anfangen
Dein Kind nimmt sich selbst mehr oder weniger passende Kleidung und beginnt, diese
selbstständig anzuziehen. Hierbei ist die Reihenfolge nicht mehr exakt festgelegt und dein
Kind experimentiert mit dieser auch fleißig herum.
Es holt seine Jacke, seine Schuhe und eine Einkaufstasche, um einkaufen zu gehen. Auch
hierbei ist die Reihenfolge nicht mehr ausschlaggebend und vielleicht experimentiert es sogar
schon mit verschiedenen Kleidungsstücken und Taschen.
Es holt sich einen Besen oder nimmt ein Stück Tuch, um damit zu fegen oder Staub zu
wischen. Dieses tut es vollkommen individuell angepasst auf den Raum und seine
Interessen. Es muss also nicht unbedingt sinnvoll sein, den Raum zu putzen oder gerade
diese Putztätigkeit darin auszuführen.
Auf der Toilette versucht es, mit der Bürste das Toilettenbecken zu reinigen, Toilettenpapier
in die Toilette zu werfen und danach zu spülen. Auch hierbei wirst du feststellen können,
dass dein Kind wild experimentiert, wenn es um die Frage geht: In welcher Reihenfolge tut es
nun was genau?
Dinge, die es nicht selbst wegräumen kann, bringt es zu dir und erwartet von dir,
dass du sie wegräumst. Dies können auch Dinge sein, die du gerade erst herausgeholt hast,
weil du vor hast, mit ihnen zu arbeiten. Manchmal verschwinden diese dann wie durch Zauberei
und tauchen im Ursprungsschrank wieder auf. Wenn du also das nächste Mal glaubst,
vergesslich zu sein, bedenke, dass es vielleicht auch einfach dein Kind war, was etwas
wieder weggestellt hat, was du nur Sekunden zuvor hervorgeholt hattest.
Dein Kind holt etwas zu essen und erwartet, dass nun eine kleine Essenspause eingelegt
wird. Hierbei kann es sehr gut passieren, dass dein Kind an alles und jeden, der im Haus
verfügbar ist, etwas austeilt und erst dann selbst zur Ruhe kommt, wenn wirklich jeder etwas
zu essen hat.
An etwas schon Angefangenem teilnehmen
Während du versuchst, dein Kind anzuziehen, greift es schon selbstständig nach den
Socken und versucht, diese über seine Füße zu ziehen. Dieses Verhalten muss nicht auf die
Socken beschränkt sein. Grundsätzlich kann es passieren, dass es versucht, jedes
Kleidungsstück, dessen es habhaft werden kann, auch anzuziehen.
Wenn der Hauptgang vorbei ist, der Nachtisch aber noch nicht auf dem Tisch steht, so macht
das Kind ganz deutlich klar, dass dieser nun zu kommen hat, indem es zum Beispiel "Eis"
sagt. Geduld ist hierbei keine Tugend, die dein Kind besonders schätzt. Wenn das Ganze
nicht zügig genug geht, wird dein Kind vermutlich ungehalten reagieren, da es ja genau weiß,
dass nach dem Hauptgang der Nachtisch kommen muss.
Dein Kind hilft beim Tisch decken mit und bringt seinen eigenen Teller, sein eigenes Besteck
und sein eigenes Glas schon einmal an seinen Platz. Ist sein Teil erledigt, hilft es auch gern
dabei, alles andere auf den Tisch zu stellen. Manchmal ist es hierbei so übereifrig, dass du
womöglich deinen halben Schrank auf dem Tisch vorfindest, bevor du den Enthusiasmus
deines Kindes bremsen kannst.
Es holt Teelöffel, tut diese in die Tassen und rührt schon einmal um, selbst dann, wenn
vielleicht noch gar nichts in der Tasse vorhanden ist. Hierbei ist deinem Kind noch nicht klar,
dass das Umrühren zwangsläufig erst dann stattfinden kann, wenn die Bestandteile wie zum
Beispiel Kaffee und Zucker, bereits in der Tasse enthalten sind. Solche "Kleinigkeiten" lernt
dein Kind erst, wenn es versteht, dass die Handlung des Durchrührens wieder einem
gesonderten Zweck dient.
Nach dem Einkaufen hilft es, Gegenstände oder Lebensmittel in die richtigen Schränke
oder zumindest die richtigen Räume zu schaffen. Hierbei landet bei weitem nicht alles dort,
wo es hingehört, denn dein Kind interpretiert manches sehr kreativ und experimentiert damit
auch schon einmal. Warum sollte man den Zucker nicht im Kühlschrank lagern,
wo die anderen leckeren Sachen auch alle in den Kühlschrank kommen?
Dein Kind holt das Geschirrtuch, sobald du anfängst, die Spülmaschine aufzumachen, reicht
dir Dinge an und hängt vielleicht sogar das Geschirrtuch wieder weg, wenn du fertig bist.
Hierbei ist es deinem Kind übrigens herzlich egal, ob du überhaupt vorhattest, die womöglich
noch heiße Maschine erst einmal auskühlen zu lassen oder womöglich gar nicht vorhattest,
das ganze eventuell erst viel später zu machen.
Wenn du saugen willst, fängt dein Kind schon einmal an, alle Gegenstände vom Fußboden
auf den Tisch oder die Couch zu legen, damit der Fußboden frei ist. Es kann gut sein, dass dein Kind nun in allen Räumen alles hochlegt, dessen es
habhaft werden kann, vollkommen losgelöst von der Tatsache, ob du überall saugen wolltest
oder nur einen bestimmten Raum. In der Regel ist es nicht ganz einfach, ein so auf eine
Tätigkeit fokussiertes Kind wieder einzufangen und seinen Tatendrang auf etwas anderes
umzuleiten.
Beim Einkaufen nimmt es Dinge, die du ausgesucht hast und möchte diese jetzt zur Kasse
tragen. Hierbei gilt es, das Kind jederzeit im Auge zu haben, sonst findest du später auf dem
Band oder vorher schon im Wagen Dinge, die du dort nicht hineingelegt hast, dein Kind aber
schon.
Wenn du etwas schreibst, dann greift dein Kind sich selbst einen Stift und versucht ebenfalls,
dieses Verhalten zu imitieren. Dabei ist ihm auch wieder relativ egal, mit welchem Stift es da
arbeitet oder worauf es sein Kunstwerk malt. Also lasse niemals wichtige Schreiben oder
Unterlagen in der Reichweite deines Kindes. Im schlimmsten Fall hast du sonst ein hübsches
Kunstwerk auf einem wichtigen Schriftstück.
Unterschiedliche Formen kann es nun durch unterschiedliche Löcher in eine Bauklotz-Schachtel stecken. Zumindest dann, wenn du ihm einmal gezeigt hast, wie dieses
Spiel funktioniert. Achtung auch hierbei: Dein Kind wird nun womöglich überall
versuchen, Dinge hineinzubekommen. Sehr beliebt hierfür sind die Löcher in normalen
Aktenordnern. Wenn dein Kind also vermehrt an diesen rumfummelt, solltest du einmal
nachsehen, welches Spielzeug schon durch das Loch in das Innere des Ordners gefallen ist.
Programme selbstständig ausführen
Puppen oder Stofftiere, manchmal auch die Geschwister oder sogar die eigenen Eltern müssen
nun herhalten, wenn das Baby ein Essprogramm imitiert. Hierbei versucht es genau das zu tun,
was du tust, wenn du dein Kind zum Essen animieren willst. Da wird also ein Lätzchen
umgebunden, da wird gepustet, probiert und zum Abschluss sogar gefüttert und wenn
gekleckert wird, schimpft dein Kind vielleicht sogar.
Genauso versucht dein Kind womöglich, seine Puppen oder Stofftiere ins Bett zu bringen,
mit einem Ritual, das seinem eigenen sehr ähnlich ist. Wenn du dein Kind hierbei
beobachtest, kannst du viel darüber erfahren, was von euren Ritualen bei deinem Kind
ankommt und welche Elemente ihm die wichtigsten sind.
Auch das Baden wird von deinem Kind genau imitiert und mit Begeisterung regelrecht
zelebriert. Ein wirkliches Highlight wäre es für dein Kind, wenn es auch dich einmal baden
dürfte. Vielleicht nutzt du die Zeit einmal und gehst mit deinem Kind gemeinsam baden. Lass
es ruhig deine Hände oder deinen Rücken abputzen oder beim Haare waschen helfen.
Viele Kinder zeigen ihren Stofftieren und Puppen, wie diese mit bestimmten Spielzeugen
umgehen können oder versuchen ihnen andere Dinge zu erklären, die sie von ihren Eltern
ebenfalls häufig erklärt oder gezeigt bekommen haben.
Selbst auf die Toilette oder das Töpfchen dürfen die Stofftiere und Puppen deines Kindes
nun gehen und auch hierbei imitiert es das Vorgehen, das du mit ihm an dem Tag legst
ziemlich genau.
Genau wie die Erwachsenen will dein Kind nun ordentlich am Tisch sitzen und nicht mehr im
Hochstuhl. Am Tisch möchte es nun richtig essen und das Verhalten der Erwachsenen
imitieren.
Seine Türme erreichen nun eine Höhe von mindestens drei Klötzchen und dein Kind ist
unglaublich stolz darauf, wenn es ihm gelingt, ein Klötzchen mehr auf den Turm zu setzen.
Mithilfe eines Bauklotzes oder eines ähnlichen Gegenstandes versucht dein Kind womöglich,
ein Telefongespräch zu imitieren. So drückt es erst auf die imaginären Tasten, dann hält es
sich das Telefon ans Ohr, wartet womöglich ein Moment und beginnt dann ein Gespräch.
Zum Abschluss sagt es dann vielleicht sogar "Tschüss" oder winkt dem Telefon zu und legt es
dann wieder weg.
Auch ist dein Kind nun in der Lage, Dinge zu finden, die du so versteckt hast, dass es sie auf
keinen Fall mehr sehen konnte. Das Suchen nach einem Gegenstand fällt deinem Kind nun
zunehmend leichter und viele Kinder finden sogar Gefallen daran. Solange zumindest, wie sie den
versteckten Gegenstand noch in passabler Zeit finden.
Darüber hinaus ist es in der Lage, Kindersendungen im Fernsehen oder auf dem
Computerbildschirm zu verfolgen. Dies allerdings nur für eine sehr geringe Zeitspanne von
etwa 3 Minuten. Einer Radiosendung, einer Geschichte oder einem Lied kann es ebenfalls
über etwa 3 Minuten hinweg konzentriert zuhören. Danach lässt die Konzentration stark
nach und das Kind kümmert sich um etwas anders.
Es versteht nun auch Dinge, die es sieht und versucht, diese mit einer Geste oder einem
Begriff zuzuordnen. So kann es sein, dass wenn dein Kind die Augen zu macht und ein Schlafgeräusch imitiert, wenn es ein anderes schlafendes Kind sieht. Dies nutzt es, um dir zu zeigen, dass es verstanden hat, was auf dem Bild zu sehen ist. Du solltest auf diese
frühen Versuche der Kommunikation auf jeden Fall eingehen.
Wenn dein Kind bemerkt, dass du etwas tust, was für dein Kind noch unbekannt ist, so
beobachtet es dich dabei ganz genau. Ihm entgeht nicht, was genau du tust und zu welchem
Resultat dies führen soll beziehungsweise zu welchem Ergebnis dies letztendlich führt.