Autoreninfo | Katharina Krause | |
aktualisiert: 16.04.2018 | Vierfache Mutter und Autorin | |
Medizin, Gesundheit und Erziehung |
Schreien gehört also auch zu den Formen der Kommunikation. Ähnliche Verhaltensweisen finden wir auch in der Tierwelt. Vogelmännchen zwitschern, Hunde bellen und knurren, um damit eine Botschaft zu übermitteln. Im Falle eines Vogels geht es womöglich um das Anlocken eines paarungsbereiten Weibchens und bei dem Hund um ein Revierverhalten. Auch diese Formen sind also eine Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln und zu kommunizieren. Doch Sprache kann darüber hinaus noch wesentlich mehr.
Interessant bei der Sprache ist, dass sie es uns erlaubt, losgelöst von äußeren Umständen, mit Hilfe von Worten und Sätzen Aussagen zu tätigen. Zum Beispiel versteht ein etwa 2-jähriges Kind das Wort „auf“ schon in verschiedenen Zusammenhängen. Der Ball liegt auf dem Tisch, die Mütze gehört auf den Kopf und die Pflaume wächst auf dem Baum. Das Kind erkennt schnell, dass man mit dem Wort „auf“ viele verschiedene vertikale Beziehungen beschreiben kann.
Durch die einfache Tatsache, dass sprachliche Begriffe immer wieder neu in konkrete Zusammenhänge gestellt werden können, ergibt sich aus der Sprache eine unendliche Kreativität und Produktivität. Die menschliche Kultur existiert überhaupt nur deshalb, weil wir nicht mehr nur Signale übermitteln und durch Nachahmung lernen, wie dies in der Tierwelt der Fall ist.
Außer den Menschen sind nur Menschenaffen in der Lage, eine wirkliche Sprache zu erlernen. Gebärden- oder Zeichensprache wurde Affen in Gefangenschaft beigebracht und die Affenmütter geben diese Fertigkeiten auch an ihren Nachwuchs weiter. Allerdings gelingt es selbst ihnen nicht, über die kommunikativen Fähigkeiten eines 2- bis 3-jährigen Kindes hinaus zu kommen.
Viele Menschen überschätzen allerdings die Sprache an sich, wenn es um den Umgang mit anderen Menschen geht. So nehmen wir über die eigentlichen gesprochenen Worte auch noch andere Dinge wahr, die uns vieles über die Stimmung und die Einstellung der Person uns gegenüber verraten kann. Dies bezeichnen wir als Körpersprache, welche ein Teil der non-verbalen Kommunikation ist.
Ein paar Beispiele: Lächeln wir unser Gegenüber an, so signalisiert dies, dass wir ihm oder ihr wohlgesonnen sind. Blickt uns eine Person nicht ins Gesicht, so zeigt dies deutlich, dass sie nichts mit uns zu tun haben möchte.
Die Ausdrucksmittel, die uns neben dem gesprochenen Wort noch zur Verfügung stehen sind: Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickverhalten, Körpergeruch und Stimmlage. Alle diese Punkte zusammen werden gerne als Körpersprache bezeichnet.
Doch all diese Signale wären nutzlos, wenn wir diese nicht wahrnehmen würden. Als Wahrnehmungsorgane besitzen wir vor allem die Augen, das Gehör, den Geruchs- und den Tastsinn.
Beim gesprochenen Wort bestimmt den Inhalt weniger das Wort, als mehr die Art, wie wir es sprechen. Hierbei kann ein und dasselbe Wort sowohl ein netter, liebevoller Kosename oder eine abschätzige Bemerkung sein.
In den ersten zwei Lebensjahren kommunizieren Eltern und Kinder in der Regel ausschließlich über die Körpersprache. Wenn die Mutter also mit dem Kind spricht, ist der Inhalt der Worte unwichtig. Wichtig für das Kind ist die Art, wie die Mutter mit ihm spricht, also die Tonlage und die Melodie und der Ausdruck der mütterlichen Stimme. Der Säugling wiederum teilt sein Befinden mit seiner Mimik, seinem Schrei- und Blickverhalten und seinen Bewegungen mit. Diese Körpersprache schafft eine tiefe Bindung zwischen Eltern und Kind und in dieser Beziehung eingebettet entwickelt sich die gesprochen Sprache.
Körpersprache - eine kleine Übersicht:
Die meisten Erwachsenen erwerben eine Sprache gänzlich anders, als Kinder im vorpubertären Alter. Kinder eignen sich eine Sprache an, indem sie einfach zuhören und das Gehörte dann mit Dingen in ihrer Umwelt in Beziehung bringen. Das bedeutet auch, dass Eltern ihren Kindern Sprache nicht aktiv beibringen müssen. Sie müssen ihnen nur helfen, Erfahrungen zu machen, aus denen die Kinder durch das Zuhören und Nachahmen lernen können.
Kinder können aufgrund dieses Mechanismus eine Zweit- und Drittsprache mit Leichtigkeit lernen. Ihnen ist es möglich, eine Fremdsprache binnen sechs bis zwölf Monaten grammatikalisch perfekt und akzentfrei zu lernen.
Sobald die Pubertät beginnt, ist dies ein entscheidender Wendepunkt in der Sprachentwicklung. In der Regel lernt ein Erwachsener eine neue Sprache nicht mehr ganzheitlich wie ein Kind, sondern er muss den Umweg über das analytische Denken nehmen. Vokabeln müssen mühsam gelernt werde und auch muss sich der Erwachsene eine Menge Regeln über den Gebrauch von Wörtern, Satzbau und Grammatik merken. Ein Erwachsener beherrscht selbst nach 20 oder mehr Jahren eine Fremdsprache nur in den seltensten Fällen grammatikalisch perfekt und so akzentfrei wie seine Muttersprache.
Nur wenige Erwachsen behalten sich die Fähigkeit eine Sprache auf kindliche Weise zu erlernen - also durch das Zuhören und Erleben der Sprache. Spracheinheiten zu analysieren und zu produzieren ist eine Fähigkeit, die bereits im frühen Säuglingsalter aktiv und biologisch verankert ist.
Eine für uns simple Aussage wie etwa „Maja spielt ein Spiel“ ist für ein Kind im Spracherwerb eine unglaubliche Leistung. Hierzu muss das Kind mindestens zwei Wortklassen zu unterscheiden gelernt haben. Zum einen die Substantive (Maja, Spiel), die sich auf Gegenstände oder Personen beziehen und zum anderen die Verben (spielen), die Tätigkeiten beschreiben. Auch muss das Kind verstanden haben, dass Verben in ihrer Form immer von dem dazugehörigen Subjekt (Maja) bestimmt werden.
Jeder, der mit einem kleinen Kind Kontakt hat, weiß, dass Kinder dazu neigen, interessante Wortbildungen und Satzkreationen zu bilden. Dies kommt daher, dass sie unbewusst anfangen, Regeln für den Gebrauch von Worten und generellen Satzbau aufzustellen. Diese gebildeten Regeln wenden Kinder anfänglich sehr allgemein an, was dann zu ungewöhnlichen Aussagen führt. Hierbei sind es vor allem Ausnahmen einer Regel, wie zum Beispiel unregelmäßige Verben, die den Kindern Probleme bereiten.
Wenn das Kind also die korrekte Anwendung der Konjugationsregeln für regelmäßige Verben beherrscht und umsetzt, so kommt es zu Aussagen wie: Mama esst. Ähnlich lustige Fehler schleichen sich auch im Gebrauch des Plurals (viele Hause) oder bei den Zeitformen der Verben ein (ich denkte). Es ist ein lustiges und sehr lehrreiches Unterfangen, wenn wir als Eltern und Erwachsene einfach einmal versuchen, herauszufinden, auf welcher Grundlage dieser Fehler passiert ist.
Auch die Regelbildung der Abfolge von Subjekt, Verb und Objekt kann mit Anfangsschwierigkeiten verbunden sein. Häufige Fehler sind das Vertauschen von Subjekt und Objekt oder das Kind setzt das Tätigkeitswort ans Ende (Maja ein Lied singt).
Solche Fehler merzen Kinder in der Regel schnell wieder aus. Es ist und bleibt ein kleines Wunder, wie schnell es Kindern gelingt, die vielfältigen Regeln der Wortbildung und des Satzbaus und deren Ausnahmen zu erlernen. Dies ist vor allem deshalb interessant, weil man nicht vergessen darf, dass sich ein Kind die Regeln dahinter nie wirklich bewusst gemacht hat.
Dass sich ein Kind die Sprache durch Regelbildung aneignet und nicht durch das reine Nachahmen beweist die Tatsache, dass es zu diesen ungewöhnlichen Wortbildungen oder Satzkonstruktionen kommt. Würde es durch reine Nachahmung lernen, so müsste es jeden Satz, den es sagen will, bereits einmal gehört haben. Es handelt sich beim Erlernen einer Sprache nicht um einen reinen Prozess des Auswendiglernens, sondern um eine Fähigkeit, aus allen sprachlichen Erfahrungen Regeln abzuleiten.
Es liegt die Vermutung nahe, dass ein Kind ein inneres Bedürfnis hat, Ordnung in seine Sprache zu bringen.
geistige Entwicklung → Sprachverständnis → sprachlicher Ausdruck
Schauen wir uns diese Entwicklung an dem Beispiel des Wortes „essen“ an. Erst gegen Ende des ersten Lebensjahres entwickelt das Kind ein Verständnis für diese Tätigkeit. Man kann beobachten, wie es zuerst versucht mit den Händen, später dann mit dem Löffel zu essen. Kurze Zeit später begreift es, dass diese Tätigkeit als „essen“ bezeichnet wird. Ab jetzt weiß das Kind, was passiert, wenn die Mutter zum Essen ruft. Obwohl das Kind dieses Wort schon versteht, braucht es noch einige Wochen, manchmal auch Monate, bis es in der Lage ist, dieses Wort selbst auszusprechen und korrekt anzuwenden.
Hieran sieht man, dass das Kind erst eine innere Vorstellung entwickelt, dann das dazugehörige Wort versteht und schließlich wird es dieses auch benutzen können. Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Mensch egal in welchem Alter immer mehr versteht, als er sprachlich in der Lage ist auszudrücken. Dies trifft im besonderen Maße auf Kleinkinder zu, doch auch bei uns Erwachsenen. Unser Verstand begreift mehr, als wir in der Lage sind, in Worten wieder auszudrücken.
Wir sind zum Beispiel in der Lage, die Schriften von Goethe zu lesen und auch zu verstehen, aber kaum jemand von uns ist dazu fähig, vergleichbare Texte zu erschaffen.
Doch auch hier gibt es Ausnahmen zu den Regeln: In der kindlichen Entwicklung gibt es durchaus auch sprachliche Begriffe, die ein Denken in höheren Ordnungen erst ermöglichen. Dies ist zum Beispiel in der Logik und ganz besonders der Mathematik der Fall.
Für die ersten Lebensjahre allerdings gilt: Erst kommt das Denken, dann das Verstehen und ganz zum Schluss erst das Sprechen.
Es gibt Untersuchungen über die Beziehung zwischen dem Erziehungsstil der Eltern und der Sprachentwicklung der Kinder. Diese kommen zu folgenden Resultaten:
Eltern können die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder fördern, indem sie die kindliche Ausdrucksweise zwar inhaltlich, nicht aber in der Form korrigieren. Ist eine Aussage des Kindes nicht richtig, so können sie den Sachverhalt klarstellen und den Satz in bejahender Form korrigiert wiederholen. Es ist kontraproduktiv, das Kind zum Wiederholen anzuhalten, seinen Satzbau zu korrigieren oder es gar auf den Fehler aufmerksam zu machen. Wenn man bedenkt, dass das Kind die Sprache nicht über reine Nachahmung lernt, so wundern diese Ergebnisse niemanden. Das Kind muss sich die Gesetzmäßigkeiten der Sprache selbst aneignen. Hierzu ist es sinnvoll, viel mit dem Kind auf unterschiedliche Weise zu sprechen. Ein Kind liebt es, ein Wort immer wieder zu sagen und damit zu spielen. Es freut sich über Klang und Ausdruck und auch wir Erwachsenen können dabei noch einiges lernen.
Im Weiteren können die Eltern ihre Kinder unterstützen, indem sie eine bejahende, fehlerfreundliche Erziehungshaltung haben. Es ist wichtig, offene Fragen zu stellen und sich dafür zu interessieren, wie das eigene Kind die Welt entdecken lernt. Als Eltern sollte man einen direktiven Erziehungsstil vermeiden, denn die Sprache ist immer auch ein Ausdruck davon, was das Kind erlebt. Anweisungen und Aufforderungen helfen deinem Kind nicht, seine Sprache zu finden.
Hieraus ergeben sich ganz verständliche Unsicherheiten auf der Seite der Eltern. Wie genau soll man als Elternteil mit seinem Kind sprechen? Ist die Babysprache sinnvoll oder vielleicht sogar schädlich? Grundsätzlich solltest du als Mutter oder Vater Form und Inhalt deiner Sprache an dem geistigen Entwicklungsstand und dem Sprachverständnis deines Kindes anpassen. Verstehen wird das Kind seine Eltern am ehesten, wenn sie sich konkret, dass heißt handlungs- und sachbezogen ausdrücken. Die elterliche Sprache sollte immer der Vorstellungswelt des Kindes entsprechen und in einer sinnvollen Beziehung zu der Situation stehen, in der sich das Kind gerade befindet.
Was prinzipiell nicht sonderlich schwierig klingt, ist in der Praxis gar nicht so leicht umzusetzen. Kinder verstehen Worte wie „morgen“ in der Regel nicht. Kinder haben noch kein Verständnis von Zeit und deshalb kommen sie in diesem Alter noch nicht mit den Prinzipien von heute, morgen oder gestern klar. Das heißt aber nicht, dass man dem Kind nicht klar machen könnte, dass man zum Beispiel morgen in den Zirkus gehen will. Hierzu könnte man dem Kind einfach einen Ablaufplan geben. Erst geht es nun schlafen, dann frühstücken und dann geht es in den Zirkus. Solch einen Plan kann ein Kind leicht verstehen und es gibt für das Kind nur wenige Ungereimtheiten. Diese kleinen Ungereimtheiten gehören zum Kinderalltag dazu und das ist auch nicht weiter schlimm, denn die Kommunikation zwischen dem Kind und den Eltern ist weitaus komplexer, als nur die reine Bedeutung der einzelnen Worte. Zur Verständigung gehört, wie wir bereits wissen, mehr als nur das gesprochene Wort. Da ist die Stimme, die Mimik, der Blickkontakt, vielleicht eine Berührung. Das Kind versteht bei einem Satz wie „Morgen gehen wir in den Zoo“ vielleicht nur das Wort Zoo und freut sich einfach auf die Tiere, nicht mehr und nicht weniger.
Als Eltern sollten wir darauf achten, dass wir mit den Kindern immer so kommunizieren, wie es ihr Sprachverständnis zulässt und nicht so, wie sie sich ausdrücken können. Wir sollten also nicht die Sprache des Kindes übernehmen, sondern so mit ihm reden, dass wir die Beziehung zu unserem Kind spüren. Wir können uns darauf verlassen, das Kind versteht, was wir sagen wollen.
[KaKra]