⎯ Wir lieben Familie ⎯

Darf ich vorstellen: Ruby Raptor!

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Sylvia Koppermann
Romy Raptor
Bild: Sylvia Koppermann

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AutoreninfoSylvia Koppermann
aktualisiert: 20.10.2019Mehrfache Mutter u. Autorin
Medizin, Gesundheit und Erziehung
In all den bisherigen Erlebnissen der Chaosbande scheint eine Person immer sträflich vernachlässigt: eines unserer jüngeren Brutergebnisse unserer Familie: Ruby.

Dabei ist sie keineswegs stiller oder unauffälliger, aber ich hatte immer so eine winzige Hoffnung, mein Baby würde zum Paradebeispiel eines Musterkindes heranwachsen. Gut, mit dem Begriff "Paradebeispiel" bin ich ja schon einmal nicht allzu weit entfernt, sie treffend zu bezeichnen.


Nur mit dem Wort "Musterkind" komme ich dann in Sphären, wo mich jeder, der Ruby nur ein Wenig kennt, fragen würde, was ich denn so nebenbei und sicher hoch dosiert, konsumiere.

Äußerlich gleicht sie einem kleinen Engelchen.

Mit ihrer hellblonden Lockenpracht, die sich nie bändigen lässt und den blauen Augen, die einen groß und unschuldig anschauen. Und genau da kommen wir zum ersten Fauxpas, dem man nur allzu schnell unterliegen kann, wenn man sich in diesem Blick verliert: unschuldig!

Pah, das ist ein Wort, das jeder ganz schnell streichen sollte, der es wagt, sich unserer Ruby auch nur einen Meter zu nähern!

Das Blitzen in ihren Augen ist keineswegs das reflektierende Sonnenlicht, sondern der Schalk, der ihr praktisch rund um die Uhr im Nacken sitzt. Ruby ist eigentlich auch die Einzige, die es locker schafft, ihre 15 Monate ältere Schwester Elly, die an sich ein Ausbund an Selbstbeherrschung und vor allem Selbstbewusstsein ist, dazu zu bringen, die Contenance zu verlieren. Da geht es weniger um die Tatsache, dass Ruby grundsätzlich alles austestet, indem sie es mindestens einem ihrer Geschwister über den Schädel zieht. Obwohl man durchaus sagen könnte, sie unterzieht ihr Spielzeug so einem eigenen Warentest.

Ruby Raptor schlägt gnadenlos zu

Nach dem Motto, was den Kopf ihrer Geschwister übersteht, ist auch Ruby tauglich. Mittlerweile gibt es sogar ganz typische Bewegungen, die mir zeigen, dass Ruby Raptor gerade wieder gnadenlos zugeschlagen hat.

Habe ich etwa eine erfreut quietschende Micky Maus vor mir, kann man sicher davon ausgehen, dass meine jüngste Tochter gerade wieder Mama am arbeiten hindert. Denn ohne Schallschutzkopfhörer auch nur einen Satz zu schreiben, wäre in einer Familie wie der Chaosbande ein utopischer Plan.

Bekommt mein Mann plötzlich Nachrichten seiner Kameraden im Browsergame, die ihn bitten, zukünftig etwas nüchterner Rundmails zu verschicken, wissen wir hundertprozentig, Ruby hat Papas dreiminütige Kaffeepause sinnvoll genutzt, um schon einmal tippen zu üben.

Mein flitzender Göttergatte

Flitzt eben dieser, mein Göttergatte, im gestreckten Galopp wie ein Ork nach Kriegsanpfiff an mir vorbei, ist völlig klar, dass Ruby etwas in Händen hält, was sie überhaupt nicht in die Finger kriegen sollte.

Höre ich aus der Küche einen meiner Söhne resigniert rufen “Och Mensch, Ruby, NEIN", steht fest, sie hat sich aus dem Joghurt ihres Bruders eine Bodylotion gemacht. Ertönt ein ähnlich schriller Schrei “Ihh, Ruby, nicht die Finger! Bäh, nimm jetzt die Hand aus der Windel”, setze ich mich automatisch in Bewegung, um Badewasser für den kleinen Quirl einzulassen.

Ein weiteres Highlight ist ihr Anblick, wenn wir Besuch haben.

Als habe sie Tina Turner und Whoopi Goldberg im Schwitzkasten, klemmt sie sich zwei der Katzen unter die Arme, die dann regelrecht erstarrt und nicht wissend, wie ihnen geschieht, nach Art von Schlenkerpüppchen, herum baumeln und sich willenlos den Gästen zeigen lassen. Während wir, meist in Teamarbeit, auf Ruby einreden, die armen Viecher doch loszulassen, kichert sie meist nur gehässig.

Sie ist dabei sogar lernwillig, das muss man ihr lassen.

Da wir ihr die Katzen stets sofort wieder entreißen, kam es kürzlich zur Situation, in der ich mehrere Minuten versuchte, unseren Handfeger wiederzubeleben, den ich Rubys Würgegriff entrissen hatte.

In meiner Panik, dass sie nun vielleicht einer der Katzen alle neun Leben auf einmal genommen hatte, war ich fast soweit, dem Kehrbesen eine Mund-zu-Mund-Beatmung zu verpassen. Bis mir dann endlich der Stil auffiel, schlenderte Ruby mit einer echten Katze unterm Arm fröhlich winkend an mir vorbei.

Woher Ruby dieses Temperament hat, ist uns allen ein Rätsel.

Da sie aber vom Aussehen ganz und gar nach meinem Mann kommt, ist es ein Kinderspiel, ihm ständig unter die Nase zu reiben: “Siehst Du, das kommt davon, wenn man keine Kinder zeugt, sondern sich klont!”

Ich weiß, lange werde ich mit dieser Schuldzuweisung nicht mehr Erfolg haben. Denn spätestens, wenn mein Mann auch nur eine Minute Luft bekommt, um darüber nachzudenken, wie sein Kind soviel Chili im Hintern haben kann, wird automatisch seine Frage kommen: “Schatz, sag mal, wie warst Du denn so als Kind?"

Aber bis dahin kann noch eine Menge Zeit ins Land ziehen, denn Rubys Erfindergeist scheint noch so Einiges auf Lager zu haben, das ihm nicht einmal Zeit zum Grübeln lässt. Fest steht jedenfalls, dass wir auch oder gerade mit ihr wieder ein perfektes Mitglied der Chaosbande in die Welt gesetzt haben.

Und ich bin mir sicher, bis sie flügge wird, habe ich noch einige Male einen Grund, mich an den Rechner zu setzen um ein Erlebnis aufzuschreiben.

[SyKo]

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