Thomas Ottermann / Pixelio.de
Spielsucht kann einsam machen
Bild: Thomas Ottermann / Pixelio.de
Autoreninfo | Mag. Birgit Schulz |
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aktualisiert: 24.01.2012 | Online Redakteurin |
Gesundheit und Homöopathie |
Dort kann sich der Spieler dann eine neue Identität erschaffen, mit der er dann versucht, sich die Anerkennung zu holen, die ihm das reale Leben versagt. Somit begibt sich der Betroffene in einen Teufelskreis aus weiter fortschreitendem Verlust der Kontrolle über sein Leben. Allerdings gibt es auch Stimmen, die sich gegen die Vorstellung eines „typischen“ Spielsüchtigen wenden und die Suchtgefahr schlichtweg in der Struktur der Spiele selbst sehen, der prinzipiell jeder verfallen könne.
Als Alarmsignale für eine mögliche Computerspielsucht gelten eine Reihe von Symptomen, auf die Eltern achten sollten.
Symptome einer Computerspielsucht liegen vor, wenn ein/e Jugendliche/r:- mindestens 20 Stunden wöchentlich mit Spielen verbringt.
- deutlich die Kontrolle über seine Zeit verliert.
- täglich immer
längere Zeiträume vor dem Spiel verbringen muss, um sich den
gewünschten „Kick“ zu verschaffen.
- die realen
Sozialkontakte vernachlässigt und langsam vereinsamt.
- sich gedanklich
unentwegt mit dem Spiel beschäftigt.
- erhöhte
Schwierigkeiten aufweist, sich mit Problemen der realen Welt
auseinanderzusetzen.
- in Zusammenhang mit
dem Spiel Probleme in Schule, Ausbildung oder Studium auftreten.
- die Nutzung des
Spiels trotz negativer Folgen für Familie und Freunde nicht
einschränkt.
- spielbedingt eine
zunehmende Verschiebung seines Schlaf-Wach-Rhythmus aufweist.
- Schlafbedürfnis,
Körperhygiene und die geregelte Einnahme von Mahlzeiten zugunsten
der Zeiten am Computer offensichtlich vernachlässigt.
- bei Spielverhinderung
mit deutlicher Nervosität und/oder aggressiven Ausbrüchen reagiert.
Treffen mehrere dieser
Symptome zu, sollten Eltern zunächst selbst versuchen, mit dem
Jugendlichen zu reden, ihm die negativen Folgen seines Verhaltens für
sein Leben klarmachen und ihn davon überzeugen, Schritte gegen
das übermäßige Spielen zu unternehmen. Übertriebene Vorwürfe
können jedoch
Trotzreaktionen und einen noch stärkeren Rückzug zur
Folge haben. Viel wichtiger ist es, dem Jugendlichen langfristig zu
signalisieren, dass man ihm zu seinem eigenen Nutzen helfen möchte
und ihn bei einem Ausstieg aus der virtuellen Welt unterstützen
wird. Da ungelöste familiäre Konflikte Auslöser einer
Computerspielsucht sein können, empfiehlt es sich auch für Eltern,
kritisch zu hinterfragen, welches Verhalten ihrerseits die Spielsucht
des Kindes eventuell zusätzlich gefördert haben könnte.
Hat man das Kind zur
Kooperation bewegt, ist es meist ratsam,
psychologische Unterstützung
in Anspruch zu nehmen. Inzwischen gibt es Psychologen, die sich
mit Computerspielsucht auseinandersetzen. So verfügt beispielsweise
die Uniklinik Mainz inzwischen über eine Ambulanz für
Computerspielsüchtige. Gegen Computerspielsucht werden meist
verhaltenstherapeutische Maßnahmen eingesetzt. Betroffene sollen
dabei lernen, ihre Online-Stunden nach und nach mit Zeitplänen zu
reduzieren, ein alternatives Sozial- und Freizeitverhalten aufzubauen
und gezielt an ihren sozialen Ängsten zu arbeiten.
Grundsätzlich gibt es
keinen Königsweg, um Kinder vor einer möglichen Computerspielsucht
zu bewahren. Jugendliche mit einem
stabilen Selbstwertgefühl, die im
realen Leben Anerkennung bekommen, weisen jedoch ein deutlich
geringeres Risiko für eine virtuelle Realitätsflucht auf. Wenn
Eltern ihren Kindern vermitteln können, dass sie geliebt werden und
trotz Niederlagen in Schule oder persönlichen Beziehungen wertvolle
Menschen sind, kann dies ein wichtiger Schritt zur
Vorbeugung einer Computerspielsucht sein. Geht man
mit gutem Vorbild
voran und sorgt für eine Klärung innerfamiliärer Konflikte, kann
dies Kindern dabei helfen, sich in schwierigen Alltagssituationen
besser behaupten zu können. Regelmäßiges Lob der Eltern, ein
erfüllendes Hobby und eine realistische, erstrebenswerte
Lebensperspektive sorgen dafür, die reale Welt zu einem Ort zu
machen, vor dem Jugendliche nicht fliehen möchten.[BS]