Harald Wanetschka / Pixelio.de
Spielen - wann muss Schluss sein?
Bild: Harald Wanetschka / Pixelio.de
Autoreninfo | Mag. Birgit Schulz |
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aktualisiert: 24.01.2012 | Online Redakteurin |
Gesundheit und Homöopathie |
Die
Gefahren von exzessivem Computerspielen für Jugendliche und junge Erwachsene sind in letzter Zeit zu einem immer stärker beachteten Thema geworden. Vor allem der Suchtfaktor zeitlich unbeschränkter Online-Rollenspiele wie World of Warcraft wurde nach einer bekannt gewordenen Anzahl von Fällen offensichtlicher Abhängigkeit von Psychologen und Medien verstärkt zur Diskussion gestellt.
Bemerken Eltern, dass ihre Kinder ihre Zeit zunehmend in virtuellen Welten verbringen und das reale Leben vernachlässigen, reagieren sie oftmals mit Verunsicherung. Denn wie erkennt man den
Unterschied zwischen vorübergehender Begeisterung und gefährlichem Suchtverhalten? Und wie können Eltern ihr Kind davor schützen, in die Scheinwelt eines Internet-Spiels abzugleiten?
Computerspielsucht gilt
als eine Unterform der so genannten Verhaltenssüchte, die bisher
allerdings noch nicht als eigenständiges Störungsbild in
einschlägigen Krankheitskatalogen wie DSM-IV oder ICD-10 beschrieben
wurde. Aufgrund der wachsenden Anhängerschaft von Online-Spielen ist
aber davon auszugehen, dass das Phänomen der Computerspielsucht und
ihrer Behandlung in Zukunft noch stärkere Beachtung finden wird. Wie
beim zwanghaften Glücksspiel liegt bei der Computerspielsucht eine
Impulskontrollstörung vor, die den Süchtigen daran hindert, das
Spiel zu beenden oder einzuschränken. Trotz des offensichtlichen
Schadens, den er sich und seinem Lebens zufügt. Als besonders
suchtgefährdend werden in diesem Zusammenhang die Spiele aus dem
Bereich der so genannten MMPORG (Massively Multiplayer Online
Role-Playing Games bzw. Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiele)
eingestuft. Gemeinsam ist diesen Spielen, dass unzählige
Online-Spieler auf der ganzen Welt gleichzeitig eine virtuelle
Parallelwelt mit eigener Infrastruktur bevölkern, in der sie mit
Hilfe von Avataren (individuelle, virtuelle Charaktere)
interagieren, kommunizieren oder kämpfen.
Zu den bekanntesten
Spielen zählen unter anderem „Second Life“ und „World of
Warcraft“ (WoW), das seit dem Jahr 2005 eine Anhängerschar von
geschätzten 12 Millionen Spielern für sich gewinnen konnte. Der
magische Aufbau der WoW-Welt und die Möglichkeit, durch das Bestehen
virtueller Abenteuer im Spiel Prestigegewinn und Anerkennung zu
erhalten, sorgt offenbar bei vielen Spielern rasch dafür, dass die
imaginäre Welt einen gefährlich hohen Status in ihrem Leben
einnimmt. Online-Rollenspiele haben kein Ende wie andere Spiele, ein
Abenteuer folgt dort dem nächsten. Durch Zusammenschlüsse der
Spieler in Gilden und Allianzen besteht zudem die Gefahr, dass sich
mehrere Personen in ihrer Spielsucht gegenseitig bestärken und zu
immer längeren Online-Zeiten anstacheln.
Laut Untersuchungen sind
junge Männer zwischen 15 und 25 Jahren für die
Ausprägung eines Suchtverhaltens in Bezug auf Online-Rollenspiele besonders gefährdet.
Trotz steigendem Frauenanteil sind nach wie vor 85 Prozent der
Problemfälle männlich. Eine Studie des Kriminologischen
Forschungsinstituts Niedersachsen mit 44.610 WoW spielenden
Jugendlichen im Alter von 15 Jahren ergab, dass 14.000 davon bereits
als süchtig gelten konnten, weitere 23.000 als suchtgefährdet. Die
Spieldauer der Betroffenen lag bei durchschnittlich 3,9 Stunden am
Tag. 8,5 Prozent der Spieler wiesen ein Suchtverhalten mit Kontrollverlust und
Entzugserscheinungen auf.
Ursachen für eine
verstärkte Neigung zum Abtauchen in die Scheinwelt der
Online-Rollenspiele sehen Psychologen meist in Problemen des realen
Lebens, vor denen exzessive Spieler auf diese Art weglaufen.
Psychische Probleme wie soziale Unsicherheit und
Kontaktschwierigkeiten sowie Probleme in Schule und Familie
bilden oftmals den Hintergrund für eine Flucht ins Spiel.