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AD(H)S bei Kindern
Bild: mamiweb.de
Autoreninfo | Natalija Krenz |
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aktualisiert: 27.10.2010 | Online Redakteurin |
Gesundheit und Erziehung |
Das Zappelphilipp-Syndrom
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ist umgangssprachlich auch als "Zappelphilipp-Syndrom" bekannt. Hinter dieser Bezeichnung steckt eine psychiatrische Erkrankung, an der in Deutschland zwischen 3% und 10% aller Kinder betroffen sind, wobei der Anteil der Jungen höher liegt, als bei den Mädchen. Betroffene leiden hierbei an einer krankhaften Störung der Aufmerksamkeit und motorischer Unruhe.
Symptome
Charakteristisch sind die drei folgenden Haupt-Symptome:
- Hyperaktivität (übersteigerter Bewegungsdrang)
- Unaufmerksamkeit (gestörte Konzentrationsfähigkeit)
- Impulsivität (unüberlegtes Handeln)
Allerdings müssen diese Symptome nicht zwangsläufig gekoppelt auftreten und sind verschieden stark ausgeprägt.
Laut der Wissenschaft spielen viele Faktoren eine Rolle, die an einer Entstehung von ADHS beteiligt sind. Belegt ist allerdings, dass ADHS durch eine neurobiologische Funktionsstörung im Gehirn ausgelöst wird. Das notwendige Gleichgewicht der Botenstoffe, die für Konzentration, Wahrnehmung und Impulskontrolle zuständig sind, ist gestört. Im Besonderen betrifft das den Dopamin- und Noradrenalin-Haushalt.
Umweltfaktoren können die Symptome von ADHS noch verstärken. Darunter fallen zum Beispiel die folgenden Punkte:
- Fehlende Strukturierung im Alltag
- Ein gestörtes Familiengefüge
- Alkohol, Drogen, Zigaretten in der Schwangerschaft
- Probleme bei der Geburt
- Infektion im Gehirn
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie Zucker, Phosphate, Milcheiweiß, etc.
Neue Studien weisen auch daraufhin, dass eine Veranlagung zu ADHS auch erblich bedingt sein kann. So hieß es, dass etwa die Hälfte aller Eltern mit ADHS mindestens ein Kind haben, das ebenfalls erkrankte.
Die Erkrankung kommt in allen Altersklassen vor, jedoch zeigen sich schon bereits vor dem 6. Lebensjahr erste Symptome. ADHS ist eine angeborene Störung, die sich bei Säuglingen anders äußert, als bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Eine frühzeitige Diagnose ist deshalb so wichtig, weil so im weiteren Verlauf der Entwicklung Störungen im Sozialverhalten vermieden werden kann. ADHS-Kinder gelten bei ihren Mitmenschen schnell als "Störenfriede", was eine Ausgrenzung zu Folge haben kann, unter denen sie dann leiden.
Die WHO (World Health Organization), sowie die APA (American Psychiatric Association) haben bestimmte Kriterien festgelegt, nach denen eine Diagnose gestellt werden kann.
ADHS-Symptome im Säuglingsalter
- Lang anhaltende Schreiphasen
- Ess- und Schlafprobleme
- Motorische Unruhe
- Misslaunigkeit
- Ablehnung von Körperkontakt
ADHS-Symptome im Kleinkind- bzw. Kindergartenalter
- Unberechenbares Sozialverhalten
- Ausgeprägte Trotzphasen
- Rastlosigkeit, übermäßige Aktivität
- Schwächen beim Hören, Sehen, in der Fein- und Grobmotorik
- Geringe Ausdauer bei Spielen
- Schnelle, häufige und unvorhersehbare Handlungswechsel
- Spracherwerb ist stark verzögert oder stark verfrüht
- Vermehrte Unfallgefahr
- Unfähigkeit Freundschaften zu schließen
ADHS-Symptome im Grundschulalter
- Lese-Rechtschreibschwäche
- Lernschwäche
- Rechenschwäche
- Außenseiter
- Geringes Selbstbewusstsein
- Stören im Unterricht, starke Ablenkbarkeit, Wutanfälle, wenig Ausdauer, aggressives Verhalten, chaotisches Ordnungsverhalten, schlechte Schrift, emotionale Instabilität
- Regeln werden übertreten
- Ständiges Reden, Geräusche produzieren
- Ungeschicklichkeit, häufige Unfälle
- Unpassende Mimik, Gestik und Körpersprache
ADHS-Symptome in der Adoleszenz (12-20):
- Unaufmerksamkeit
- Leistungsverweigerung ("Null Bock")
- Aggressives Verhalten
- Vermindertes Selbstwertgefühl, Depression, Ängste
- Kontakte zu Rangruppen
- Häufige Neigung zu Alkohol, Drogen, Delinquenz
- Leichtsinniges Verhalten (häufig Unfälle)
Ziel ist es dem Kind eine normales Leben, sowie eine normale Entwicklung zu ermöglichen. Um dieses zu erreichen ist eine Einbeziehung und Zusammenarbeit von Eltern, Ärzten, Betreuern und Lehrern zwingend erforderlich.
Der erste Ansprechpartner ist der Kinderarzt, je nach Verlauf und Ausprägung der ADHS können noch Psychiater, Psychotherapeuten oder Pädagogen hinzugezogen werden.
ADHS kann man in den Griff bekommen
ADHS ist nicht heilbar, doch durch zahlreiche Therapie-Elemente ist die Erkrankung gut in den Griff zu bekommen, eine eindeutige Diagnose vorausgesetzt.
Eine Therapie setzt sich aus folgenden Bausteinen zusammen:
- Aufklärungsarbeit an allen Beteiligten (Eltern, Lehrer, Kinder, Betreuer, etc.)
- Familientherapie (zur Vermeidung von Eskalationen/Missverständnissen)
- Kindergarten/Schule: Zusammenarbeit sichern
- Kognitive Therapie des Kindes (ab dem Schulalter): Impulsives und chaotisches Verhalten ändern, Anleitungen zur Veränderung des Problemverhaltens
- Medikamentöse Behandlung, zur Verminderung der Symptome.
Weitere Anlaufstellen stellen auch Erziehungsberatungsstellen, der Schulpsychologische Dienst oder Selbsthilfe-Gruppen dar.
Bei Klein- und Schulkinder soll sich das "Marburger Konzentrationstraining" (MKT) als hilfreich erwiesen haben. MKT ist dem autogenen Training sehr ähnlich und beruht auf Selbstinstruktion (= eine verbale Methode, die auch in der Verhaltenstherapie Verwendung findet). Selbst wenn eine Diagnose (noch) unklar ist, kann MKT oder auch Autogenes Training sich nur positiv auf das Kind auswirken.